Wort
Wesen
Wird ein Wort gegeben, dann zieht es sofort all dasjenige an sich, was zur Erfüllung seines Begriffes notwendig ist. Zum Beispiel zum Wort "Gebot" gehört erstens ein weises gebietendes Wesen, das eine große, in allen Dingen durchgreifende Einsicht hat, warum es ein Gebot gibt und wem. Zweitens muss ein freies Wesen da sein, begabt mit vieler Einsicht und damit gebundener Willenskraft, damit es das Gebot annehmen, verstehen und halten kann. Drittens muss das Gebot auch sanktioniert sein. Eine unendliche Anzahl von Begriffen, Grundideen und Kräften sind daher mit dem einzigen Begriff "Gebot" verbunden. Jedes Wort bildet für sich ein gewisses geistiges Zentrum, zieht von einer und derselben Unzahl der Begriffe an sich und vereinigt dieselben ganz für sich eigens eigenschaftlich, so dass dieselben Begriffe sich in diesem Wort zu etwas ganz anderem qualifizieren müssen, als zu was sie sich in einem anderen, früheren Wort qualifiziert haben. Zu den Begriffen "Liebe", "Tugend", "Demut", "Gott" und dergleichen mehr gehört ebenso viel als wie zum "Gebot"; aber was im Gebot zu Gebot wird, dasselbe wird in der Liebe zur Liebe, in der Tugend zur Tugend, in der Demut zur Demut und in Gott zu Gott, – so wie dieselben Elementarspezifika im Klee zu Klee, in der Rübe zur Rübe, im Weinstock zum Weinstock usw. werden.[1]
Wer ein weises Wort hören will, darf sich nicht die Ohren verstopfen und mit dem Auge hören wollen; denn das Auge sieht wohl das Licht und alle erleuchteten Formen, aber die geistigere Form des Wortes lässt sich nicht beschauen, sondern nur anhören mit dem Ohr.[2]
