Atem

Aus Prophetia
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Atmungssystem
Alles, was nur irgendein Leben (im Sinne von Dasein) äußert, hat eine gewisse ihm eigentümliche Transpiration (Atmung). Hat diese aufgehört, dann sind auch die Lebensgeister der Materie entflohen; diese sinkt dann in den Zustand der Trägheit zurück, stirbt und verwest und geht so in den Tod über. Daher sagt man auch "den letzten Atemzug machen", wenn jemand gestorben ist.[1] Tatsächlich atmen sogar Steine und alle Weltkörper auf ihre eigene Art.[2]

Wesen

Jedes Wesen bildet entweder eine positive oder negative Polarität. Da jede Polarität nicht für sich allein entstehen und bestehen kann und ein Bedürfnis nach der entgegengesetzten Polarität hat, so besteht auch das ganze naturmäßige Leben in einem negativen Pol, welcher gegeben ist zur Aufnahme des Positiven. Der negative Pol wird fortwährend durch die Transpiration (Atmung) angeregt, wodurch stets ein verhältnismäßiges Bedürfnis zur Aufnahme des Positiven bewerkstelligt wird.[3] Mit jedem Atemzug wird eine beständige Reibung in den menschlichen Körperteilen bewirkt. Durch diese Reibung wird das negative Leben angeregt und fängt an, sich zu fühlen in seinem Hunger. Und je nach dem Grad des Bedürfnisses wird dasselbe mit jedem Atemzug gesättigt. Diese Sättigung besteht darin, dass der Stickstoff als negativer Pol den Sauerstoff mit großer Begierde in sich aufnimmt. Hört dieses Atmen als Haupttranspiration auf, dann fängt die negative Polarität an, sich selbst aufzuzehren, wodurch es denn auch mit dem naturmäßigen Leben bald ein Ende hat.[4]

Es gibt ein vielfaches Atmen, z.B. der Baum hat ein vierfaches Atmen, die Tiere ein fünftes und sechstes und der Mensch ein zahlloses.[5]

Es gibt keine Sprache, auch nicht den kleinsten Teil einer Sprache, der nicht durch eine Verbindung mit dem Atmen erzeugt würde, wobei es einen inneren und ein äußeren Atem gibt.[6]

Der Wind und das Atmen bezeichnen in der Bibel den Einfluss des göttlichen Wahren auf den Verstand. Dies beruht auf der Entsprechung der Lunge mit dem Verstand.[7]

Atmung der Materie

Atmung durch Anziehung

Die Materie ist nichts als der Ausdruck zweier sich widerstrebender Kräfte, nämlich der Zentripetal- und Zentrifugal-Kraft. Sie besteht, weil die Zentrifugal-Kraft in selbem Grad der Zentripetal-Kraft entgegenwirkt im beständigen Bestreben, sich nach allen erdenklichen Richtungen endlos weit ausdehnen zu wollen, in welchem Verhältnis die Zentripetal-Kraft wieder das ganz entgegengesetzte Bestreben äußert und sich beständig in einem Punkte zusammenziehen will. Würde die Zentripetal-Kraft nicht durch das beständige Annehmen der sie umgebenden gleichartigen Hilfskräfte genährt oder unterstützt, dann würde sie bald von der Zentrifugal-Kraft überwunden werden, wodurch sie dann auch zunichte würde und die Materie dadurch aus der Sphäre des Daseins träte. Daher hat denn der Stein, je welcher Art er ist, beständig die ihn umgebenden gleichartigen Teile in der Luft an sich zu saugen, das ihm ganz Gleiche zu behalten und dadurch die durch den gegenseitigen Kampf verbrauchten Teile zu ersetzen, das Unähnliche aber vermöge der stets nach außen wirkenden Zentrifugal-Kraft wieder hinauszuschaffen – damit er das bleibe in seiner Art, als was er gebildet wurde.[8]

Dann und wann geschieht es, dass selbst ein Stein gewisserart krank wird, wenn fremdartige Teile zu häufig mit den ihm eigentümlichen eingesaugt wurden und diese durch die entgegenwirkende Zentrifugal-Kraft nicht wieder hinausgeschafft werden mochten und der Stein dann in sich fremdartige Gebilde bekommt, z.B. sonstige Mineralien, oder in einem unedlen Stein edlere Steine, oder dass sonst durchsichtige Kristalle, oder selbst Diamanten, gewisse undurchsichtige, moos- und federartige Partikeln in sich enthalten, die nicht der Natur dieser sie enthaltenden Steine selbst entsprechen.[9]

Ein Stein atmet fürs Erste auf die tierische Art, nämlich durch die "Inhalation" und "Respiration" das heißt, er zieht vermöge seiner groborganischen Bildung und seiner mit derselben verbundenen Eigenschaft unausgesetzt ihm ähnliche Teile aus der ihn umgebenden Luft in sich. Und wie bei den Tieren die chemische Zersetzung erst im Körper selbst erfolgt, so erfolgt beim Stein diese Zersetzung schon auf seiner Oberfläche; weshalb mit der Zeit auch die Oberfläche des Steins von einer ihm fremdartigen, anderfärbigen, dünnen Kruste überzogen wird, welche bei größeren Steinmassen oft so stark wird, dass sie nach ihrer Art entweder ein eigenes Gestein bildet, oder je nachdem die ausgeschiedenen Teile sind, sich oft auch als ein pflanzenartiges Gewächs unter allerlei Formen ansetzt. Dies könnte gewiss nicht geschehen, wenn der Stein nicht inhaliert und respiriert (d.h. ein- und ausatmet). Es geschieht dasselbe, wie wenn man irgendeinen Körper eine Zeitlang in ein mineralisches Wasser legt. Da würde dieser Körper ebenfalls bald das ihm Zusagende in sich aufnehmen, und das ihm nicht Zusagende, aber doch zunächst ihn Umgebende, würde sich dann in irgendeiner salzartigen Kruste um den Körper anlegen. Neben diesem in- und respirativen Atmen gibt es aber noch ein zweites und ein drittes Atmen.[10]

Elektrisches Atmen

Das nächste Atmen ist ein elektrisches Atmen, das nichts anderes ist als das Aufnehmen des magnetischen Fluidums, durch welches die beiden sich widerstrebenden Kräfte in ihrer Beharrlichkeit gestärkt werden. Diese Beharrlichkeit ist wieder nichts anderes als der sichtbare Ausdruck der gegenseitigen Polarität – und das zwar darum sichtbar, weil die Materie in ihrer Erscheinlichkeit nichts anderes ist als die Polarisation der sich entgegenstrebenden Kräfte.[11]

Atmung der Pflanzen

Dass Pflanzen die Fähigkeit haben müssen, die Luft an sich zu saugen, belegen die luftgefüllten Hohlräume in den meisten Pflanzen, ebenso der Umstand, dass noch lebende Pflanzen im Feuer ein blasendes Zischen von sich geben, welches ohne eine Luft in ihnen nicht zu hören wäre. Die Pflanzen atmen durch ihre Poren und dies viel ökonomischer als die Menschen. Die Pflanze atmet nur zweimal am Tag - Einatmung zur Tageszeit und Ausatmung zur Nachtzeit. Dabei wird die atmosphärische Luft, nach dem Bedürfnis der Pflanze, durch die Poren, bei einigen Pflanzen sogar durch eigens dazu bestimmte Kammern, langsam den ganzen Tag über in sich gezogen. Zur Nachtzeit, wenn der chemische Prozess vor sich gegangen ist und die Pflanze das ihr Zusagende aufgesaugt hat, wird der überflüssige, der Pflanze nicht zusagende Kohlenstoff mit anderen, der Pflanze ebenfalls nicht zusagenden Stickteilen hinausgestoßen, was dann ebenso lange wieder fortdauert, wie am Tag die Einatmung gedauert hat. Warum diese Atmung vor sich geht, ist schon beim Stein beschrieben (siehe oben).[12]

Das Atmen ist keine so einfache Verrichtung, wie es sich dem Äußeren nach darbietet. Es ist immer die Folge eines anderen, vorhergehenden Atmens. Besonders an der Unterseite der Blätter finden sich zahllose, kleinere und größere raue Spitzchen, die nichts anderes als lauter Elektrizitäts-Sauger sind. Sie saugen begierig dieses polarische Fluidum den ganzen Tag über in sich – und zwar am Tag das Positive dieser Polarität. Durch dieses Insichsaugen der positiven Elektrizität, welche der Zentrifugal-Kraft entspricht, da sie in sich eine Fülle ausspricht, werden die Organe ausgedehnt, wodurch dann die Räume größer und größer werden und die Luft durch die Poren notwendig in sich saugen müssen. Zur Nachtzeit aber ändert sich auch die elektrische Polarität, und das elektrische Fluidum entströmt durch die Spitzen oder entlädt sich, wodurch dann die Organe wieder enger aneinander treten und die durch die Polarität der Elektrizität selbst ausgeschiedene, unbrauchbare Kohlen(säure)- und Stickluft hinausstoßen, welche zwei Luftarten der negativen Polarität entsprechen.[13]

Jene Pflanzen, die über den Winter fortbestehen, das sind Sträucher und Bäume, wie auch einige niedere Pflanzen, haben noch ein großartigeres periodisches Atmen, das im Verlauf von einem Jahr einmal ein und einmal aus geschieht. Den Sommer hindurch geschieht mit dem täglichen Atmen auch immerwährend das Haupteinatmen, und zwar auf folgende Art: Durch jeden speziellen Atemzug verbleibt etwas von der Luft im Organismus, wodurch der Baum den Sommer hindurch ganz besonders sein Wachstum im Umfang fördert. Ist der Sommer vorüber, so wird der nicht verbrauchte, bedeutende Rest wieder hinausgeschafft, was teils in der groben Rinde, teils aber auch in dem an demselben häufig entstandenen Moos ersichtlich wird. Wenn dieser Luftrest, der durch die längere Gegenwart im Organismus des Baumes nicht ganz rein geblieben ist, vermöge der allgemeinen Beengung der Organe zur Winterszeit durch die Poren allenthalben herausgepresst wird, so muss sie, bevor sie von der atmosphärischen Luft aufgenommen wird, durch einen eigentümlichen chemischen Prozess das ihr Uneigentliche an der Rinde oder am Stamm in der einen oder andern Form absetzen, wodurch dann die grobe Rinde selbst wie auch das Moos auf derselben gebildet wird.[14]

Wegen der Übergänge in der Naturwelt (siehe Arten) gibt es auch Pflanzen, die sich dem Tierreich nähern, daher auch vergleichbare Organe haben. Das sind z.B. die fleischfressenden Pflanzen. Neben den kleinen sonderheitlichen Mägen, die unter dem Blumenkelch zu finden sind, hat eine solche Pflanze noch einen Hauptmagen in der Mitte der Pflanze, dort wo sie aus der Erde zu ragen anfängt. Ebenso hat sie eine entsprechende Lunge, welche die Verdauungsorgane in eine stete frottierende Bewegung bringt, so wie bei den Tieren. In der gemäßigten Klimazone von Mitteleuropa gibt es bis auf sehr wenige Gebirgswasserpflanzen allerdings keine Pflanzen mit dieser besonderen Tierähnlichkeit; diese befinden sich nur in den sehr warmen und heißen Klimazonen. Diese besondere Atmung ist nur den speziellen tierähnlichen Pflanzen eigen, ansonsten bleibt es bei den Atmungsporen.[15]

Atmung der Tiere

Das Atmen ist jedem Tier auf eine besondere Weise eigen, wie die Art und Gattung dessen Selbständigkeit selbst bedingt. Es besteht in nichts anderem als in dem Insichziehen und Wiederhinausstoßen der Luft, wobei die Art und Weise verschieden ist, wie die Luft in sich gezogen, zerlegt und das Unbrauchbare wieder hinausgestoßen wird. Auch die Amphibien, Würmer und Insekten atmen, nur ganz anders als die warmblütigen Tieren.[16]

Das Tier atmet nicht nur allein aufgrund des chemischen Prozesses, sondern vorzüglich auch darum, weil es gröbere Nahrung in sich nimmt, damit es fester werde in seiner Beschaffenheit. Daher befindet sich der Magen stets unweit der Lunge, damit diese ihn sozusagen frottiert, damit die harte Speise darin bearbeitet wird, sich in ihren Teilen reibt und durch diese Reibung selbst die zur Verdauung sehr notwendige elektrische Wärme erzeugt.[17]

Quellenverweise

  1. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401024a.14
  2. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122a.1; Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122a.5
  3. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401024a.15-16
  4. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401024a.20
  5. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122b.22
  6. Emanuel Swedenborg, Die Erdkörper im Weltall und ihre Bewohner 87
  7. Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 343
  8. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122a.7-9
  9. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122a.9
  10. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122a.10-14
  11. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122a.16
  12. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122b.5-11
  13. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122b.13-17
  14. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122b.18-21
  15. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401208b.1-10
  16. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401122a.2-3; Jakob Lorber, Die Erde 20.11
  17. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401208b.4