Selbstsucht

Aus Prophetia
(Weitergeleitet von Egoismus)
Wechseln zu: Navigation, Suche
Despoten sind Verkörperungen der Selbstsucht
Die Selbstsucht, d.h. die ungerechte oder übermäßige Selbstliebe (Egoismus), besteht darin, nur sich selbst wohlzuwollen und niemand sonst, nicht der Kirche, nicht dem Vaterland, nicht irgendeiner menschlichen Gesellschaft, es sei denn um seiner selbst willen. Jenen dient der Eigensüchtige nur um des eigenen Rufes, der eigenen Ehre und des eigenen Vorteils willen. Die Selbstsucht ist eine Abwendung von der Gottheit und daher in sich der Tod des Geistes und der Seele. Sie ist der wahre Tod des Menschen.[1] Die Eigenliebe (Selbstsucht) ist der größte Frevel[2], ihr Geist ist der Hochmut, der vor allem nach der Ehre geizt,[3] und sie ist ident mit der Herrschsucht.[4] Selbstliebe und Weltliebe (Materialismus) herrschen in den Höllen, sie sind die Höllen.[5]

Die Selbstsucht ist ein Hausfreund des Menschen von der Welt. Wenn der Herr einen Menschen seinem Geist nach zu Sich aufnimmt, muss Er auch diesen zur Umkehr und wahren geistigen Veredelung mit aufnehmen. (Anm.: d.h. die Selbstsucht wird in eine notwendige und gerechte Eigenliebe verwandelt, und die Eigenliebe nicht etwa völlig zerstört, wie manche meinen)[6]

Wesen

Die Selbstliebe ist an sich nicht anderes als Hass, liebt sie doch niemanden außer sich und will auch mit keinem Wesen verbunden werden, um ihm Gutes zu erweisen. Aus ihrem Innersten trachtet sie fortwährend danach, über alle anderen Menschen zu herrschen, ihre Güter zu besitzen und zuletzt wie Gott angebetet zu werden.[7] Die Eigenliebe ist ein Hass alles dessen, was ihr naht, und somit der Grund aller Verachtung und Verfolgung dessen, was sich irgend dieser bösen Eigenschaft eines verworfenen Lebens entgegenstellen will. (nach Robert Blum)[8] Je mehr man ihr den Zügel schießen lässt, strebt sie nicht nur nach Weltherrschaft, sondern auch nach der Herrschaft über den Himmel, steigt bis zum Thron Gottes auf, und trägt Seine göttliche Macht auf sich über. (siehe Babylonische)[9] Sie entzieht und entreißt den anderen alle Freude, um sie auf sich selbst überzuleiten, worin ihre Lust besteht. Sie wirkt daher zerstörerisch auf die Freude der anderen. Ist sie je mitteilsam, dann um ihrer selbst, nicht um der anderen willen, daher in Wirklichkeit nicht kommunikativ, sondern zerstörerisch, außer die Freuden der anderen sind für sie selbst nützlich.[10] Ein typisches Beispiel für ungerechte oder übermäßige Eigenliebe ist ein Reicher, der sein Geld an Staat und Volk gegen Zinsen und Hypotheken verleiht und dadurch bald die Herrschaft über den verschuldeten Staat an sich reißt und das verschuldete Volk völlig ruiniert.[11]

Die fleischliche Liebe (Selbstsucht) besteht darin, dass man Güte, Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit nicht um ihret-, sondern um seiner selbst willen liebt, um sich dadurch einen guten Ruf, Auszeichnungen und Vorteile zu verschaffen. So jemand hat bei seiner Güte, Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit nicht den Herrn und den Nächsten im Auge, sondern sich selbst und die Welt, und diese Täuschung bereitet ihm auch noch Vergnügen. In Wirklichkeit liebt er in diesem auf Täuschung beruhenden Guten, Aufrichtigen und Gerechten etwas Böses, Unaufrichtiges und Ungerechtes.[12]

Das Wirken der Eigenliebe tritt nur zu bald als ein Handeln auf, welches sogleich alles zerstören möchte, was ihm ungünstig in den selbstsüchtigen Weg treten möchte. Und dieses Benehmen ist die Leidenschaftlichkeit, die in der Eigenliebe zu Hause ist.[13]

Im Wesen der Selbstsucht liegt ferner, dass sie im selben Maß voranstürmt, wie man ihr die äußeren Fesseln lockert - nämlich die Furcht vor dem Gesetz mit seinen Strafen, vor dem Verlust des guten Rufs, der Ehre, des Gewinns, der Stellung und des Lebens. Sie kennt keine Grenze und kein Ende, möchte schließlich nicht nur über die ganze Welt, sondern sogar über den ganzen Himmel, ja selbst über das Göttliche herrschen.[14]

Die Liebe der Selbstsüchtigen unterscheidet sich nicht von der von Verbrechern. Bei gemeinschaftlichem Handel umarmen sie sich und nennen sich Freunde, treibt aber jeder für sich allein sein Geschäft und entzieht sich der Aufsicht der Gemeinschaft, dann geht jeder auf jeden los, und sie metzeln sich gegenseitig nieder. Bei der Untersuchung ihres Inneren oder ihrer Gesinnung zeigt sich, dass sie einen feindlichen Hass aufeinander hegen und im Herzen über alles lachen, was gerecht und aufrichtig heißt, selbst über das Göttliche, das sie zurückweisen, als sei es ein Nichts.[15]

In der Welt macht man sich wenig Gedanken über die Selbstliebe. Man meint, sie sei ein notwendiger Antrieb, damit sich Menschen um Ämter bewerben und Nutzen schaffen, weil sie ohne die Lockung von Ruhm und Ehre nichts unternehmen würden. Daher weiß man in der Welt nicht, dass die Selbstliebe jene Liebe ist, welche die Hölle beherrscht und die Hölle beim Menschen ausmacht.[16]

Die Selbstsucht ist eine geraubte Liebe, die sich ein Dieb zu eigen gemacht hat und aus ihr lebt. Das Leben einer solchen Liebe dauert aber nicht ewig, sondern nur sehr kurze Zeit, in der sie sich bald verzehren wird, da sie von der Vaterliebe Gottes abgetrennt wurde und somit keinen Zufluss mehr hat.[17] Die Eigenliebe verliert stets im tausendfachen Maß, was sie nimmt, stiehlt und raubt. Da sie in sich keine Kraft und Macht hat, so muss sie, wenn auch heimlich darüber fluchend, andere Kräfte durch allerlei, sie selbst verarmende Mittel zu Hilfe nehmen. Durch diese erhält sie sich auf der Welt eine Zeitlang in einem gewissen Scheinglanz und in einer gewissen Scheingröße. Weil aber solch eine Glanz- und Größeerhaltung mit der Zeit stets mehr kostet, so verarmt sie endlich ganz und gar, wobei sie sich dann wie ein hungriger Wurm eine Zeitlang krümmt, bäumt und windet; aber es nützt ihr das wenig, sondern dient nur zur Beförderung ihres vollen Unterganges. (nach Robert Blum)[18]

Selbstliebe im höchsten Grad betreibt auch jemand, der sich beispielsweise eine Jungfrau einbildet, dass sie irgendwo sei, und dann anfängt, diese in Wahrheit nirgends Seiende mächtig zu lieben - und das ist ein Gräuel vor Gott.[19]

Der Gegensatz zur Selbstliebe oder teuflischen Liebe ist die himmlische oder göttliche Liebe oder Gottesliebe[20] und die Liebe zum Nächsten.[21] Die Selbstsucht steht auch im Gegensatz zur Unschuld.[22]

Folgen

Alle Qualen und Martern der Hölle gehen aus der Eigenliebe hervor. Gäbe es keine Eigenliebe, so gäbe es auch keine Hölle und auf der Erde keinen Krieg, keine Hungersnot und auch keine Pest.[23]

Aus Selbstsucht und Weltliebe entspringt alles Böse, denn das Eigene des Menschen ist nur Böses, und es nimmt, weil es böse ist, nichts Gutes aus dem Himmel auf. Wenn dieser Liebe die Zügel gelockert werden, dann geht ein von ihr Beherrschter zuletzt so weit, dass er über alle anderen im ganzen Erdkreis herrschen will, alle ihre Habe besitzen will und sogar über den ganzen Himmel gebieten will.[24]

Die zu mächtige Eigenliebe ist Ursache für Trägheit, der Hang zum Wohlleben und zur Tatlosigkeit. Sie wird dadurch auch der Grund für Diebstahl.[25]

Das Kind der Eigenliebe ist die Genusssucht.[26] Sie ist auch die Mutter des Hochmuts und der Herrschsucht. (nach Robert Blum)[27]

Hat die Liebe sich selbst ergriffen, so hat man sich dadurch sein Leben auch selbst zum Sklaven gemacht. Da das Leben nichts als die Liebe selbst ist, so hat sich die Liebe dadurch selbst Fesseln an Händen und Füßen angelegt und hat sich verkrochen in das finstere Gemach ihres Eigendünkels.[28]

Die Eigenliebe ist selbst in ihren unscheinbarsten Vorkommnissen nichts als ein böser Same, den der Feind des Lebens unter den edlen Weizen (die rechte Liebe, die Gottesliebe) streut, damit dieser in seinem Emporkeimen verkümmert oder womöglich wohl auch ganz und gar vernichtet werde.[29]

Siehe auch

Quellenverweise

  1. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.103.2;Jakob Lorber, Robert Blum 1.37.6; Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 556
  2. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.63.2
  3. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.103.2
  4. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.81.8
  5. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 554
  6. Lorber, Himmelsgaben 3.247.9
  7. Emanuel Swedenborg, Die wahre christliche Religion 45
  8. Jakob Lorber, Robert Blum 1.93.2
  9. Emanuel Swedenborg, Vom Jüngsten Gericht 54
  10. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 399-400
  11. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.103.14-15
  12. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 481
  13. Jakob Lorber, Himmelsgaben 2.480312.3-4
  14. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 559
  15. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 560; Emanuel Swedenborg, Die wahre christliche Religion 45
  16. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 555
  17. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.71.11-12
  18. Jakob Lorber, Robert Blum 1.93.3
  19. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.207.5
  20. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 596; Emanuel Swedenborg, Die wahre christliche Religion 45; Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 53
  21. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 558a
  22. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 282
  23. Jakob Lorber, Robert Blum 2.266.6
  24. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 359; Emanuel Swedenborg, Die Erdkörper im Weltall und ihre Bewohner 174
  25. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 5.81.3
  26. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.81.8
  27. Jakob Lorber, Robert Blum 1.93.2-3
  28. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401115a.21
  29. Jakob Lorber, Himmelsgaben 2.480312.8