Entsagung

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Jesus in der Wüste (Kramskoi, 1872)
Entsagung, Selbstverleugnung, Selbstbeherrschung bedeutet die freiwillige, völlige Beschränkung seiner äußeren Weltfreiheit, um zur inneren Freiheit des Geistes gelangen, worin das ewige Leben begründet ist.[1]

Notwendigkeit

Gottes- und Nächstenliebe

Das Handeln nach dem Willen Gottes verlangt eine starke Selbstverleugnung, ohne die niemand Gott über alles und seinen Nächsten wie sich selbst lieben kann.[2]

Um Gott über alles zu lieben gehört vor allem ein nach den Gesetzen Moses vollkommen reiner Lebenswandel. Wo dieser durch allerlei unordentliche Lebensfehler (Sünden) zerstört wurde, da litten notwendig alle zum Leben erforderlichen (seelischen) Kräfte, die dadurch materiell und wie völlig totgemacht wurden. So wie ein Gichtkranker keinen hohen Berg ersteigen kann, kann ein auf solche Weise lebensverkrüppelter Mensch dann Gott unmöglich aus allen Lebenskräften über alles lieben. Er muss erst seine erstorbenen Lebenskräfte durch eine oft mehrere Jahre lange eifrigste Selbstverleugnung aller seiner alten Leidenschaften und Gewohnheiten in sich neu beleben und so erst nach und nach in die höchstmögliche Liebe zu Gott übergehen. Vollkommene Demut und gänzliche Selbstverleugnung sind für einen schon sehr verweltlichten Menschen keine leichte Aufgabe, aber dank der Vorsehung Gottes dennoch schaffbar.[3]

Reich Gottes/Geistige Wiedergeburt/Ewiges Leben

Das Reich Gottes ist nirgends zu finden als allein bei Gott durch Glaube und Liebe und gänzliche Selbstverleugnung. Erst wenn man im Herzen von der Welt ganz losgetrennt und sie einem zum Ekel geworden ist kann man getreu sagen, Gott allein sei einem alles geworden.[4]

Jeder kann nur durch eine völlige Selbstverleugnung zur inneren Freiheit des Geistes gelangen, worin das ewige Leben begründet ist. Was immer der Mensch tut vergnüglich nach seinem äußeren freien Willen, das zieht ihn ab vom Geist und verrammt ihm den stillen und allzeit schmalen Pfad in den geistigen freien Willen.[5]

Kindschaft Gottes

Ohne die Welt in einem selbst vollends besiegt zu haben, kann man nicht ein Kind des Vaters im Himmel werden.[6]

Praxis

Der Mensch kann durch seine rechte Liebe zu Gott ein Meister seines Fleisches und Blutes werden, der sicheren Hilfe Gottes zufolge. (nach Jarah)[7]

Sinnesbeherrschung

Man soll seine Sinne und vor allem sein Herz von der Welt zurückziehen, denn diese ist nichtig und nur eine fixierte Erscheinlichkeit (vergänglich), um den unsterblichen Geist für kurze Zeit (Lebensdauer des Menschen auf der Erde) zu prüfen.[8]

Ohne Christus könnte niemand etwas Verdienstliches zum ewige Leben wirken, aber dennoch muss zuvor jeder aus seinem freien Willen heraus selbst so viel tun als er kann. Es ist nötig, seine Sinne von den Reizen der Welt abzuwenden und Meister seiner weltlichen Begierden zu werden. [9]

Weiser Gebrauch der Welt

Die Welt in sich zu besiegen bedeutet nicht, den Kopf hängen zu lassen oder ein Verflucher der Welt zu werden, sondern sie weise zu benützen, da sie ein gut brauchbares Werkzeug ist, mit dem man sich, so man es zweckdienlich anwendet, nämlich als ein Jünger des Herrn, viel Gutes und Herrliches schaffen kann, wodurch es das ewige Leben bereiten und festigen wird. Wer es jedoch anders verwendet, dem wird es allzu leicht eine tödliche Wunde versetzen, da die Welt gleich einem sehr scharfen Messer ist.[10]

Man soll sich nicht von den blinden und trügerischen Reizen der Welt verlocken lassen, sondern allzeit nüchtern sein und den Wert der Welt richtig schätzen. Man soll nicht das Gold und die Perlen aus den Himmeln (Anm.: Wort und Lehre des Herrn) für die Torheiten der Welt geben. So wird man untereinander stets Frieden haben und den Himmel vor sich offen sehen.[11]

Besitz

Wer viel hat, dem wird es schwer, sich von seinem Besitz, an dem der ewige Tod haftet, zu trennen, denn jeder Mensch muss einmal doch alles verlassen. Aber leicht trennt sich von der Welt, der aus ihrem Schoß keine giftigen Güter besaß, insbesondere wenn er auch noch um den Namen Jesu wegen verfolgt wird. So jemand verachtet die Welt, und es wird ihm um sie nicht leid sein, wenn er mit klarster Sehe ins Himmelreich diese finstere Pestilenzwelt verlassen wird.[12]

Gebetsleben

Indem man allzeit bedenkt, wer Jesus ist und was man mit Seiner Offenbarung überkommt, dann wird einen die materielle Welt nicht mehr anfechten, und man wird leicht über sie Sieger werden.[13]

Für jene, die sich des Zuges der Welt nicht erwehren können, da er sich ihnen als ganz unschuldig und unschädlich darstellt, während er ein von der Liebe Gottes erwärmtes Herz bewölkt und es für Gott und Seine Liebe und Gnade einschläfert, damit es mit der Zeit von Gott abfällt und in den ewigen Tod übergeht, hat der Herr ein spezielles Gebet gegeben, das man lebendig, treu und wahr in sich aussprechen soll. Zu finden ist es unter Jakob Lorber, Himmelsgaben 2.430718.3-6

Formen

Sexuelle Enthaltsamkeit

siehe Zölibat

Wirkung

Vergeistigung

Durch Entsagung wird das Fleisch (Sinnlichkeit) geschwächt und der Mensch vergeistigt.[14] Wenn sich die mit dem Fleisch vermengte Seele durch die gerechte Selbstverleugnung gestärkt hat, ist sie fest genug geworden, den freien Geist zu fassen und zu halten. Verleugnet sich der Mensch selbst, dann löst er dadurch dem Geist die Fesseln, der dann ganz natürlich in die starke Seele übergeht, worauf diese in alle himmlische Machtvollkommenheit des Geistes gelangt und für ewig vollkommen eins wird mit ihm. (geistige Wiedergeburt)[15]

Ewiges Leben

Wer die Welt weise benützt, als ein Jünger des Herrn, kann viel Gutes und Herrliches schaffen. So bereitet und festigt dann die Welt das ewige Leben.[16]

Wer das Weltleben nicht nur nicht sucht, sondern dasselbe aus wahrer, reiner Liebe zum Herrn flieht und verachtet, der wird das ewige Leben finden Mt 10.39; denn Jesus wird ihn sogleich nach dem Leibestod als an dessen jüngstem Tag des neuen Lebens in der Geisterwelt auferwecken und wird ihn in Sein ewiges Reich einführen und sein Haupt mit der Krone der ewigen, unvergänglichen Weisheit und Liebe zieren, und er wird dann mit Ihm und allen Engeln des ewig endlosen Himmels über alle Sinnen- und Geisterwelt ewig herrschen.[17]

Hilfe Gottes

Wer gegen die ihn bestürmenden Leidenschaften mit den ihm verliehenen Waffen zu kämpfen beginnt, der erhält nach dem Maß seiner Siege die Hilfe von Gott für weitere und ernstere Kämpfe und Siege verliehen. Wenn man seine Sinne einmal zur Hälfte meistert, dann erfüllt der Herr den Rest.[18]

Seligkeit

Die tägliche Erfahrung lehrt, z.B. was die Fernsicht betrifft, dass die Weltgegend immer schöner, herrlicher und verklärter wird, je weiter entfernt man sich von ihr befindet. Daher kommt es, dass je mehr man sich von der Welt abzieht und sich gleichsam von ihr entfernt, sie einem desto schöner, verklärter und durchsichtiger erscheint; erst da hat der, der die Werke Gottes betrachtet und achtet, eine eitle Lust daran.[19]

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Anmerkung: Dass entsagte oder selbstbeherrschte Menschen verbittert seien und weniger Freude im Leben hätten als die Sklaven der Sinnesbefriedigung, ist eine der ganz großen Lügen unserer Zeit. Tatsächlich bewirkt eine vernünftige und nicht selbstzerstörerische Selbstdisziplin zunehmende Freude, schon bei geringen Dingen. Siehe dazu Psychologiestudie: Selbstkontrolle macht Menschen glücklich und GEO 9/2013 "Willenskraft" ab Seite 86

Schmerzlosigkeit und leichter Tod

Hat die Seele ihren Leib und dadurch sich selbst an möglichst viele Entbehrungen aus dem Todesbereich der Welt gewöhnt, dann sind am Ende nicht mehr viele Bande zwischen den toten Gütern der Erde und dem Leib vorhanden. So findet dann beim Leibestod nur mehr wenig schmerzliches Zerreißen statt. Der Leib solcher Menschen wird auch schwerlich krank und bleibt schmerzlos, selbst wenn er durch äußere arge Mittel gemartert und gepeinigt wird.[20]

Wer sein Leben durch Selbstverleugnung, Demut und Liebe zu Gott in Gott vereinigt hat, der wird wenig Todesangst verspüren. Wenn das irdisches Lebensschifflein an den trüglichen Weltklippen zerstäuben wird, da wird der Wanderer schmerz- und sorglos sagen: "Ich bin mit meiner Habe im trockenen!" Wer sich schon auf Erden bemüht, sein Leben in Gott zu vereinen, dem wird der Leibestod vorkommen wie eine große aufgehende Sonne dem nächtlichen Wanderer an einem Meeresgestade, das voller Klippen und Abgründe ist.[21]

Einwände

Ich möchte wohl alles tun und mich verleugnen bis auf den letzten Tropfen Blut, wenn ich nur einmal auch etwas sehen oder vernehmen könnte, damit ich doch wissen könnte, ob an allen dem wirklich auch etwas daran ist?

Darauf antwortet Gott: "Wer gab dir denn Licht der Augen, wer das Gehör? Und wer alle die übrigen Sinne? Wer gab dir ein Herz, zu lieben, und einen Verstand, zu denken? So du dieses nicht von dir selbst empfangen hast, da du es doch, dir ersichtlich, besitzest – wie kannst du sagen, dass du noch nichts gesehen und vernommen habest?"[22]

Falsche Entsagung

Entsagung durch Überdruss

Wer seine Leidenschaft durch ein Übermaß zu überwinden versucht, der kann dadurch von der Sünde tatsächlich loskommen, indem die Leidenschaft und die lebendige Fähigkeit des Fleisches dadurch abgetötet werden. Er hat aber einen Sieg des Todes über sich erfochten und nicht einen Sieg des Lebens, denn mit den Werkzeugen des Todes (der Sünde) kämpft man niemals gegen den Tod, sondern allzeit nur gegen das Leben. So jemand hat dann das Leben getötet und auf diese Art dem Tod den Sieg über sich eingeräumt. Die Sünde verlässt so jemanden, weil er sogar zu schlecht für die Sünde ist, und der Tod die Toten nicht gefangen zu nehmen braucht, da sie schon seine Beute sind. Wer das Leben erhalten will, der muss lebendig mit den Waffen des Lebens gegen die Sünde - welche die vernichtende Waffe des Todes ist - kämpfen. Wer das (irdische) Leben für das (ewige) Leben gibt (d.h. Entsagung übt), der tut wohl und ist einer, der voll Weisheit und Liebe und voll Lebens ist. Wer aber das Leben für den Tod gibt, der ist ein großer Narr.[23]

Scheitern

Wer bei dem Kampf gegen seine sinnlichen Begierden trotz ernstem Vorsatz immer wieder zu Fall kommt, dessen Liebe schwankt noch zwischen den Reizen der Welt und Gott. Er kommt nicht voran und der Herr kann ihm noch nicht helfen, da der Mensch selbst aus seinem eigenen freien Willen den guten Anfang machen muss; erst die Vollendung obliegt dem Herrn.[24]

Weltflucht

Jesus verlangt von Seinen Nachfolgern im Allgemeinen keine Weltflucht; man soll bleiben was man ist, aber nicht zugunsten des eigenen Ansehens, sondern zum vielseitigen Nutzen der Menschen. (siehe Lebensunterhalt). Auch Jesus hat in der Welt gearbeitet und ihr viele und gute Dienste mit Seinen eigenen Händen getan. Man soll sich nicht untätig machen dadurch, dass die Menschen nicht so weise und mächtig werden können, wie es Gott ist. Wie Noah in der Arche (= Demut, Nächstenliebe, Gottesliebe) vor der Flut (=der sündhaften Welt) bewahrt blieb, soll man sein Inneres bewahren, d.h. man soll nach der Ordnung Gottes der Welt geben, was der Welt ist und vor allem aber Gott geben, was Gottes ist.[25]

Siehe auch

Quellenverweise

  1. Jakob Lorber, Himmelsgaben 2.430731.3
  2. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 8.195.13
  3. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 5.83.4-11
  4. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.410810.4-5
  5. Jakob Lorber, Himmelsgaben 2.430731.3
  6. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.83.5
  7. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.127.10
  8. Jakob Lorber, Himmelsgaben 2.420310.7
  9. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 8.151.3-4; Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 8.152.14
  10. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.83.6-9
  11. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.167.16
  12. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.201.1-2
  13. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.83.5
  14. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 1.79.19
  15. Jakob Lorber, Die Kindheitsgeschichte Jesu 299.9-13
  16. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.83.8-9
  17. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.139.10
  18. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 8.151.4; Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 8.152.14
  19. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.400809.19-20
  20. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.226.5-8
  21. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.410429.7-8
  22. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401115a.18
  23. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.410207.3-4
  24. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 8.151.5-6
  25. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.13.3-10; Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.410627b.1; Jakob Lorber, Schrifttexterklärungen 16.9