Geistiges Leben

Aus Prophetia
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Das geistige Leben ist das eigentliche Leben,[1] das Leben der Seele.[2] Wer im Geist wandelt, kommt zum Licht, der Urquelle alles Lebens (Gott); sein Anteil wird ewig bestehen und sich vermehren (=ewiges Leben).[3] An und für sich ist es die alles belebende und schaffende Kraft selbst, die durch nichts zerstört werden kann.[4]

Ein geistiges Leben haben allein diejenigen, die in himmlischer Liebe (Anm.: Gottes- und Nächstenliebe) leben und daraus Kenntnisse gewinnen.[5] Geistiges Leben ist allein bei denen, die sich an den Herrn wenden, und zugleich das Böse als Sünde fliehen. Der Mensch heißt lebendig, wenn geistiges Leben bei ihm ist, wenn aber das natürliche Leben vom geistigen getrennt ist, so heißt er tot.[6] Ein sittliches Leben führt man entweder um Gottes oder der Menschen in der Welt wegen. Lebt man es um des Göttlichen willen, so ist es ein geistiges Leben.[7]

Wesen

Jeder Mensch hat von der Schöpfung, und mithin von der Geburt her, geistliches Leben.[8]

Das wahre, himmlische Leben ist ein stetes Lebendigerwerden in Gott, dem heiligen Vater. (nach Robert)[9]

Merkmale

Ist der Geist frei, dann ist alles frei im Menschen: die Liebe, das Licht und das Schauen. Da braucht es keinen Beweis für die Wahrheit mehr, denn da ist der freie Geist selbst die klarste und vollste Wahrheit aller Wahrheit.[10] Wenn das Herz zu Gott erbrennt, dann sieht man in sich die Wunder des ewigen Lebens.[11]

Wer im Geist lebt, befindet sich nicht unter dem Gesetz und vollbringt nicht die Begierden des Fleisches. Die Werke des Fleisches sind: Unzucht, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaft, Hader, Eifersucht, Zorn, Zank, Zwietracht, Spaltungen, Neid, Saufen, Fressen und dergleichen. Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit - gegen all dies ist das Gesetz nicht. (nach Paulus) [12]

Jedes wahre Leben hat in sich, dass es unmöglich anders als nur überaus selig sein kann und muss.[13]

Entwicklung und Führung

Der einst böse gewordene Geist, dem Wesen nach ein Funke der göttlichen Liebe, wird bei der Geburt des Leibes (etwa drei Tage davor) in das Herz der Seele gelegt. Der Geist ist ohne geschlechtlichen Unterschied und nimmt nur mit der Zeit etwas Geschlechtliches an. Wenn der Leib einmal ausgebildet ist, beginnt die Ausbildung des Geistes im Herzen der Seele, wobei die Seele alles Mögliche aufbieten und ihm helfen muss, damit der noch tote Geist in ihr zu keimen beginnt. Sobald die Seele zur Demut gefunden hat, entwickelt sich der Geist von selbst und nimmt alles ihm Verwandte aus der Seele in sich auf, am Ende die ganze Seele und was im Leib mit der Seele verwandt war (der Nervengeist).[14]

Der Geist erhält Nahrung durch das Denken der Seele. Wenn er weltliche Nahrung erhält, wird er weltlich und sinnlich und dadurch tot wie vor der Geburt - und so auch die Seele mit dem Leib. Erhält der Geist aber geistige Nahrung (Gottes geoffenbarter Wille und die Vermittlung durch die Werke der Erlösung, oder Gottes Liebe im Vollbestand durch den lebendigen Glauben), dann wird er vollends reif und lebendig und erlangt die geistige Wiedergeburt.[15]

Indem man sich vor allem nur um das kümmert, was des Geistes ist, so wird man auch bald das erhalten, was des Geistes ist, nämlich die volle Gottähnlichkeit. Alles Leben kann in einem fort in ein immerwährend vollendeteres Leben übergehen, wenn es sich die Mühe nimmt, auf der Bahn der gestellten göttlichen Ordnung fortzuschreiten. Deswegen soll man tätig und übertätig sein für den Geist. Kein Schritt vorwärts soll bereut werden. Denn da ist jede Tat und jeder Schritt stets vom höchsten Segen Gottes begleitet. (nach Raphael)[16]

Der Weg, der ins geistige Leben führt, ist nicht viel anders beschaffen, als der Weg auf eine Alpe. Von der Ferne glaubt jeder, die Alpe sei nicht gar so hoch. Doch wenn er in ihre Nähe kommt, verliert er immer mehr ihren Scheitel aus seinem Gesicht. Und fängt er dann am Fuß zu steigen an, so hält er auch schon jeden nächsten baumlosen Hügel für der Alpe höchsten Punkt. Aber je höher er kommt, desto mehr überzeugt er sich, dass es noch ziemlich viele Steigtritte benötigen wird, bis er auf der Spitze des Berges das lichte "Triangulierungszeichen des ewigen Lebens" sehen wird, von da aus er erst zu jener höchsten Überraschung gelangen wird, von welcher er früher keine Ahnung hatte.[17]

Was ein Mensch aus dem Herrn für sich frei haben will, das muss er sich durch die eigene Kraft erkämpfen. Der Herr ist nur der Sämann und legt das gute Weizenkorn in den lebendigen Acker des Herzens. Der Same keimt und wächst zur segensreichsten Fruchtbringung heran, wobei der Mensch für sich selbst die Frucht auf dem eigenen Lebensboden zu pflegen hat mit mancher Mühe und Selbstverleugnung. Wer die Frucht, die der Herr in sein Herz gesät hat, rein und reichlichst in die von Ihm im Herzen errichteten Scheunen Seines Geistes bringen wird, der wird ewig weder hungern noch dürsten.[18]

Hinwendung zum Heiland

Der Mensch wird mit der aus Liebe zu sich entspringenden Herrschsucht und der aus dem Stolz auf den eigenen Verstand entspringenden Regiersucht geboren und kommt in sie, wenn er heranwächst. Diese Grundneigungen können nicht entfernt werden, außer durch Gott den Heiland und durch ein Seinen Geboten gemäßes Leben. Sie können von Gott dem Heiland nicht entfernt werden, wenn man sich nicht an Ihn wendet; es ist kein Seinen Geboten gemäßes Leben möglich, wenn der Mensch nicht von Ihm geführt wird. Ein solches Leben ist zwar möglich, aber es ist kein Leben, in dem etwas vom Himmel und daher von der Kirche wäre, denn diese Leben wird bloß vom Herrn gegeben, der Selbst das Leben ist. Joh 1.1-4 Joh 5.26 Joh 6.33-35 Joh 11.25-26 Joh 14.6 Joh 14.19[19]

Gottesliebe

Der Geist Gottes im Menschen kann nur durch die Liebe zu Gott, und aus solcher Liebe heraus in der Liebe zum Nächsten geweckt werden.[20] Das alleinige Weckmittel des Geistes besteht darin, sich im Herzen in vollkommener Liebe voll Vertrauen und voll gerechter, uneigennütziger Treue an den heiligen Vater zu wenden. (nach Henoch)[21]

Ruhe

Das in Gott ruhende Gemüt gleicht einem stillen See; in ihm spiegelt sich die Wahrheit.
Ein ruhiges, leidenschaftsfreies Gemüt, das nur durch eine gänzliche Selbstverleugnung, Demut, Geduld und reinste Liebe erreicht werden kann, gehört dazu, damit das Ebenmaß Gottes im Geist des Menschen rein und wahr widerstrahlt. Ist das bei einem Menschen der Fall, dann ist in ihm alles zur Wahrheit gediehen. Seine Seele ist dann fähig, ihren Blick in die Tiefen der Schöpfungen Gottes zu richten und alles schauen zu können in aller Fülle der reinsten Wahrheit. Aber sowie es in ihr zu wogen anfängt, werden die Urbilder zerstört, und die Seele befindet sich dann schon notwendig auf dem Feld des Truges und der Täuschungen aller Art. Sie kann nicht zur reinen Anschauung gelangen, solange in ihr nicht die völlige Ruhe in Gott eingetreten ist.[22]

Entsagung und Vergeistigung

Das gottähnliche Leben des Geistes wird umso schöner, je mehr sich der Mensch von der von außen herstürmenden bösen Welt zurückgezogen hat.[23]

Man soll nicht kleinmütig, traurig, mürrisch, griesgrämig, sondern in allem beherzt, heiter, fröhlichen Mutes und angenehmen und gefälligen Sinnes, Herzens und Geistes sein. So wird man leichten Weges wandeln und die Pforten des Himmelreiches stets weit geöffnet vor sich haben, wodurch die Vergeistigung des Weltlichen leicht wird.[24]

Die Menschen sollen, wenn nötig, ihr inneres Wesen (ihr geistiges Leben) über ihr naturgemäßes Gehäuse (den Leib) hinausstellen und zeigen, dass sie keine leeren Gehäuse sind. Aber sie sollen es sogleich wieder zurückziehen, so demselben von der Welt her irgendeine Gefahr droht.[25]

Bildung

Für das ewige Leben des Geistes ist es von größter Wichtigkeit, Hölle und Himmel vom Grunde aus zu kennen, wobei es nötiger ist, den Ort des Schmutzes genauer zu kennen als den Ort der Reinheit selbst. Denn nur der erste muss bearbeitet werden; ist er einmal im reinen, so kommt der Himmel von selbst. Es wäre sehr dumm, nur das Gute einer menschlichen Gesellschaft hervorzuheben und zu loben und über das Böse nie nachzudenken und es etwa gar tadeln an sich. Das Gute bedarf weder, dass man es heraushebe, noch dass man es lobt, denn es hebt sich von selbst hervor und lobt sich von selbst; aber überaus notwendig ist es, dass ein jeder Mensch nach seinen bösen Gedanken, Begierden und Werken Jagd mache und diese wie ein böses Wild erlege, damit sich in ihm der Spruch bewähre: "Und so ihr alles getan habet, da bekennet, dass ihr unnütze Knechte seid!" Luk 17.10 Auch ist es viel besser, zu sagen: "Herr, sei mir armem Sünder gnädig und barmherzig!" Mt 9.13 als: "Herr, ich danke Dir, dass ich nicht so bin wie andere Leute, etwa wie Zöllner und allerlei Sünder von verschiedenartigem Kaliber!" Luk 18.9-14 – sonst gleicht man entweder einem hochmütigen Pharisäer oder einem überdummen Betbruder und Wallfahrer.[26]

Freiheit

Das Geistige muss frei bleiben und muss die Sanktion in sich selbst frei bestimmen, sowie das damit verbundene Gericht; so erst kann es in und aus sich die Vollendung des Lebens erreichen. Die freien Erkenntnisse des Guten und Wahren sind das Lebenslicht des Geistes; aus diesen bestimmt er für sich dann selbst die ihm zusagenden Gesetze. Diese Gesetze sind dann freie Gesetze und sind allein mit der Freiheit des Lebens für ewig verträglich. Der Wille des Geistes nach den Erkenntnissen ist das freie Gesetz im Geist, und die ewige Notwendigkeit, nach dem freien Willen zu handeln, ist die ewige Sanktion, nach der auch sicher kein Geist anders handeln kann, als er eben frei handeln will. Dies ist auch die sich ewig selbst bestimmende Ordnung in Gott, der keinen Gesetzgeber über Sich hat. Gottes freiester Wille bestimmt nach den ewig vollkommensten Erkenntnissen und weisesten Einsichten in Ihm Selbst das Gesetz und sanktioniert dieses durch die höchst eigene, obschon noch immerhin freie Notwendigkeit; und diese ist dann der Grund aller geschaffenen, irdischen Dinge und ihres Bestandes insoweit, als dieser zur inneren Ausbildung, Festigung und endlichen freien Isolierung (Verselbständigung) des Geistes notwendig ist. (siehe dazu Schöpfung) Der menschliche Geist soll ebenso vollkommen werden in sich und durch sich, wie der Urgeist Gottes in Sich und durch Sich vollkommen ist, ansonsten der Geist kein Geist, sondern ein gerichteter Tod ist. Damit der Menschengeist das werden kann, muss ihm die Gelegenheit geboten werden, sich ebenso entwickeln zu können in der Zeit, wie sich der göttliche Geist in Gott Selbst von Ewigkeit her in, aus und durch Sich Selbst gebildet hat.[27]

Hindernisse

Zwang erweckt den Geist Gottes in der Seele nicht oder nur hie und da teilweise.[28] Wie ein Vogel ohne Flügelfedern nicht fliegen kann, so kann auch der Geist des Menschen nie zur freien Lebenstätigkeit gelangen, wenn ihm durch das sanktionierte Muss die Flügel der freien Erkenntnis gestutzt werden. Ein Geist ohne freie Tätigkeit ist schon darum tot, weil er das nicht hat, was im Grunde des Grundes sein Leben bedingt und ausmacht.[29]

Man soll die Welt und sein Fleisch nicht mehr als seinen Geist lieben. Wer sich stets mehr um das kümmert, was der Welt und des Fleisches ist, der verbleibt aus eigener Schuld auf dem Nachtgebiet des Todes. Wenn man sich nicht die Mühe macht, auf der Bahn der gestellten göttlichen Ordnung fortzuschreiten, sondern auf einem Punkt stehen bleibt, besonders am Beginn der großen Lebensbahn, dann verkümmert das Leben am Ende. In der großen Schöpfung Gottes bewegt sich alles in einem fort vorwärts. Die Geister machen stets große Fortschritte. Weil aber im Reich der reinen Geister so große Fortschritte in einem fort geschehen, so dürfen die unsterblichen Geschöpfe auf den Weltkörpern nicht zurückbleiben, damit sie nicht zu ferne zu stehen kommen vom Reich der Geister. (nach Raphael)[30]

Verlust

Das geistliche Leben wird ausgelöscht, wenn Gott, die Heiligkeit des Wortes und das ewige Leben geleugnet wird. Es wird im Willen ausgelöscht, bleibt aber im Verstand, oder vielmehr im Erkenntnisvermögen zurück, wodurch sich der Mensch von den Tieren unterschiedet.[31]

siehe auch Geistiger Tod

Siehe auch

Quellenverzeichnis

  1. Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 157
  2. Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 322
  3. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 1.1.10
  4. Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640509.5
  5. Emanuel Swedenborg, Die Erdkörper im Weltall und ihre Bewohner 96
  6. Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 411; Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 525
  7. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 319
  8. Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 321
  9. Jakob Lorber, Robert Blum 2.293.6
  10. Jakob Lorber, Bischof Martin 162.10-11; Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.95.11-12
  11. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.56.12
  12. Gal 5.16-23
  13. Jakob Lorber, Robert Blum 2.293.9
  14. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.217.5-7; Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.400617.6-7
  15. Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.400617.10-12
  16. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.3.7-10
  17. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.410717.44-45
  18. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.210.16-17
  19. Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 502
  20. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.144.7
  21. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.56.11
  22. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.148.9
  23. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.400730.14
  24. Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.470527.17
  25. Jakob Lorber, Himmelsgaben 2.470625.5
  26. Jakob Lorber, Die Erde 57.3-8
  27. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.28.4-10
  28. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 10.46.5
  29. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.28.3
  30. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.3.7-9; Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.3.16
  31. Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 321