Gotteskindschaft

Aus Prophetia
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Jesuskind von Bartolomé Esteban Perez Murillo (17. Jhdt.)
Die wahre Kindschaft Gottes besteht darin, dass jeder im Willen Gottes ist und Gottes Wille in ihm; dies ist die wahre, lebendige Frucht der reinen Liebe und das ewige Leben.[1]

Gott ist nicht nur Jehova, der allmächtige Gott und Schöpfer alles Lebens und alles Seins, sondern auch der allein wahre, heilige, liebevolle Vater, der niemanden richten will zum ewigen Verderben, sondern jeden aufrichten will zum ewigen Leben.[2] Gegenüber allen Seinen Geschöpfen ist Gott ein Richter, aber die Kinder sollen den Vater nicht Richter nennen, denn alle werden gerichtet werden, die den Vater als Richter rufen werden. Wer Gott jedoch als liebenden Vater anruft, der wird in Ihm nie einen tötenden Richter erblicken.[3]

Wesen

Die Liebe eines Kindes zum heiligen Vater ist mehr wert als alle noch so erhabene Weisheit und alle erdenkliche Wissenschaft. Denn wer die Liebe hat, der hat alles; wer aber die Liebe allein nur der Weisheit, der Wissenschaft und der Stärke wegen hat, der soll auch haben, was er haben will; aber das Herz des Vaters soll er dennoch nicht haben.[4]

Indem man den Herrn nicht fortwährend als das allerhöchste, allmächtigste Gottwesen, dem sich niemand nahen kann und leben 2Mo 33.20, betrachtet, sondern als einen allerbesten und wahrhaftigsten Vater und in Seiner Menschlichkeit als Bruder, dann kann man Gott leicht ertragen und beständig um Ihn sein.[5] Die wahren Kindlein sind beim Herrn und sogar in Ihm; sie betrachten die Größe, Macht und Stärke ihres allein wahren Vaters nicht aus irgendeiner heilig scheuen Ferne, wo sie stets eine große Kluft von Ihm trennt.[6]

Alle Töchter des Herrn erfreuen sich (jenseits) auf ewig der Kraft aus Ihm, dass sie allen Wünschen ihres liebevollsten Herzens nachkommen können, z.B. was ihr Herz in Seinem Namen den irdischen Zurückgelassenen zu tun wünscht, das können sie ihnen auch allzeit im Vollmaße tun.[7]

Unterschied zur Gottesdienerschaft

Mägde (oder Gottesdiener) sind jene, die durch klösterliche harte Zucht zum Herrn getrieben werden; ihr Glaube und ihre Liebe zu Ihm ist eine harte Schule. Wer Ihn aber frei zum einzigen Gegenstand seines Herzen erwählt, der soll nicht Magd, sondern Seine wahre geliebteste Tochter (Gotteskind) sein.[8]

Volle Selbständigkeit ist zur möglich höchsten Seligkeit, der Kindschaft Gottes, am allernotwendigsten. Daher will es der Herr, und muss es wollen, dass jeder Mensch auf dem von Ihm vorgezeichneten Weg fortschreitet und sich mit eigener Mühe und Aufopferung das erwirbt, dessen er für hier und jenseits bedarf, ansonsten er nie vollauf selbsttätig und eben darauf auch nie selbständig werden könnte. Ein Diener hat Anteil an den Freuden des Herrn, aber da ihn der Herr entlassen kann, verleidet dieser Gedanke dem Diener oft seine Seligkeit, denn der Diener wäre dann ein Bettler, der Herr aber bliebe der Herr seiner vielen Güter. Der Herr ist wahrhaft glücklich und braucht nie bange sein, denn wenn ihn sein Diener verlässt, so bekommt er für diesen einen leicht Hunderte. Solange in einem Gemüt noch irgendeine Angst erweckt werden kann, ist von einer vollkommenen Seligkeit keine Rede.[9]

Erlangung der Gotteskindschaft

Aufgrund des Geist Gottes in den Menschen sind diese nicht allein Geschöpfe Gottes, sondern Seine wahren Kinder und werden dereinst in Seinem Reich mit Ihm die ganze Unendlichkeit beherrschen. Aber dazu müssen sie zuvor im Geist völlig neu geboren werden, ansonsten solches unmöglich wäre.[10]

Viele werden jenseits das ewige Leben erlangen, aber nur ganz wenigen wird das große Glück zuteil werden, als Kinder ins eigentliche Vaterhaus aufgenommen zu werden. Denn die Erlangung dieser Gnade kostet Gewalt (Entsagung); und die es nicht mit Gewalt an sich reißen, die werden es nicht bekommen. Mt 11.12 Der Spruch "Mein Joch ist sanft und Meine Bürde ist leicht" Mt 11.30 ist jenem zum Trost, welche die Wahrheit wohl in sich überzeugend haben, aber dabei dennoch auch so viel Welt, dass sie ihnen den Mut benimmt, die Wahrheit offen vor der Welt zu bekennen. Diejenigen wenigen aber, welche alles Weltliche aus sich verbannt haben, überkommen dann den Geist der Kraft und Stärke. Sie fürchten keine Welt mehr, bekennen die ewig lebendige Wahrheit in ihnen offen und reißen durch die Gewalt ihres Glaubens und ihrer Liebe zum Herrn das Haus des Vaters (die Kindschaft Gottes) an sich.[11]

Inkarnation auf der Erde

Die Erde hat die Bestimmung, dass sich die Menschen aus sich selbst zu einem wahren Kind Gottes gestalten sollen. Daher müssen alle möglichen guten und schlechten Gelegenheiten gegeben sein, um die Lehre Gottes vollständig ausüben zu können. Es muss Arme geben, damit die Reichen Barmherzigkeit und die Armen Dankbarkeit üben können. Es muss Schwache geben, damit die Starken Gelegenheit bekommen, den Schwachen zu helfen und diese in der Demut ihres Herzens ihre Schwachheit erkennen. Ebenso bedarf es Unwissender, damit die Weisen ihr Licht nicht vergeblich haben. Ohne dieses Pro- und Kontra könnten die Menschen unmöglich zu wahren, allmächtigen Kindern des Allerhöchsten werden. Solange ein Mensch nicht in allen möglichen Dingen und Verhältnissen den Satan mit höchst eigener Macht aus dem Kampffeld treiben kann, hat er die volle Kindschaft Gottes noch lange nicht. Das wahre Reich Gottes kostet einen großen Kampf der vollsten Freiheit des ewigen Lebens wegen.[12]

Ohne die schwere Inkarnation auf der Erde ist nie an eine Kindschaft Gottes zu denken, denn alles, was Kind Gottes werden will, muss auch von A bis Z den Weg Gottes gehen, weswegen Geister aus zahllosen anderen Weltkörpern zu der Erde dringen, um da die Inkarnation des Menschensohnes durchzumachen. So wie es nur einen Gott, eine Wahrheit und ein Leben gibt, so gibt es auch nur einen Weg dazu, was aber nicht bedeutet, dass alle Bewohner anderer Weltkörper diesen Weg machen müssten, um in ihrer Art selig zu sein, – wie es auch bei einem menschlichen Leib eine zahllose Menge anderer gesunder Nerven und Fibern geben kann, ohne dass sie Nerven und Fibern des Herzens sind.[13]

Gotteserkenntnis

Alle Kinder Gottes sollen den Herrn nicht als ihren Gott, sondern stets nur als ihren liebevollsten Vater erkennen und ersehen, lieben und anbeten.[14]

Wer Gott sucht, findet und erkennt und seinen Nächsten über alles liebt mit aller Geduld wie sich selbst, schon auf der Erde oder zumindest doch jenseits, aus allen Kräften, der wird ein Kind Gottes, also Gottes Sohn und Gottes Tochter sein. Wer aber Gott nicht sucht, nicht findet, nicht erkennt und somit auch nicht lieben wird und auch voll Lieblosigkeit gegen seine Nebenmenschen ist, der wird ewig auch nie zur Gotteskindschaft gelangen. Denn die Kinder Gottes müssen so vollkommen sein, wie Gott als ihr wahrer Vater Selbst vollkommen ist.[15]

Gegenüber allen Seinen Geschöpfen ist Gott ein Richter, aber die Kinder sollen den Vater nicht Richter nennen, denn alle werden gerichtet werden, die den Vater als Richter rufen werden. Wer Gott jedoch als liebenden Vater anruft, der wird in Ihm nie einen tötenden Richter erblicken.[16] Wer stets "Herr, Herr, Gott aller Gerechtigkeit, Gott der Gnade, Gott der Liebe und aller Erbarmung" ruft, den wird Gott zwar nicht verwerfen und ihm das Leben lassen, aber er wird es sehr schwer haben, zum allerseligsten freiesten Leben (als Kind Gottes) gelangen. Gott lässt sich nicht umfassen, und der Herr aller Gerechtigkeit kann zufolge Seiner endlos großen Heiligkeit eine solche Annäherung nicht zulassen, sondern allein der Vater, der alles in Seiner endlosen Liebe zu Seinen Kindern in Sich birgt, damit sich alle Ihm vollkommen nähern können und sollen, damit sie ewig das genießen, was des Vaters ist.[17]

Gottesliebe und Nächstenliebe

Das angeratene, kräftigste und somit wirksamste Mittel die Kindschaft Gottes zu erreichen ist die Liebe zu Gott und im gleichen Maß die Liebe zum Nächsten, sei er ein Mann oder eine Frau, jung oder alt. Der Liebe zur Seite steht die wahre Demut, Sanftmut und Geduld, weil die wahre Liebe ohne diese drei Nebenstücke gar nicht bestehen kann und keine wahre und reine Liebe ist. (nach Raphael)[18]

Nur durch die alleinige Liebe ist Gott als Vater für jene Geschöpfe, die Seine Kinder sind, erreichbar; durch die Weisheit ewig nicht.[19]

Demut

Um ein Kind Gottes zu werden oder zu sein, muss man von ganzem Herzen demütig sein, Gott aus all seinen Lebenskräften über alles lieben und Seinen Willen erfüllen, indem man seine Brüder und Schwestern mehr als sich selbst liebt und achtet. Gott über alles zu lieben bedeutet, dass man allein nur für Gott lebt; alles andere ist wie gar nicht da. Man betrachte alles in der Welt für wertlos und setze den Herrn über alles in seinem Herzen. In dieser Liebe wird der Geist Gottes im Herzen Wohnung nehmen, und man wird von diesem Augenblick an ein wahrhaftiges Kind Gottes sein. Gott kann nicht mit großartigen Taten, Pracht und Glanz bestochen werden, da Er dies und viel mehr mit einem Gedanken zu erzeugen vermag, sondern nur mit einem reinen liebeerfüllten Herzen, worauf Er in einem Augenblick mehr gibt, als man selbst mit aller Weisheit in undenklichen Zeiten je erlangen mag.[20] Nur durch die Demut wird der Mensch erst Mensch und ein wahres Kind Gottes.[21]

Bei der Erlangung der Kindschaft Gottes handelt es sich nicht um das Mehr- oder Glücklicherwerden, sondern ums Vollkommener- und Lebendigerwerden in der Liebe Gottes. Die größte Glückseligkeit bedingt ganz allein die gegenseitige Liebe. Je mehr man sich gegenseitig liebt, je inniger man sich in der Liebe körperlich wie geistig vereint, desto glückseliger ist man.[22] Der viel verlangt, wird wenig empfangen; der wenig verlangt, wird viel empfangen; wer nichts verlangt, dem wird alles zuteil werden.[23] Wer sich in der Demut seines Herzens stets verringert und verkleinert, wird vom Herrn entgegengesetzt vergrößert, aber nicht in einem Mehrwerden, sondern allein nur in der größeren Demut und Liebe, und das ist die Vergrößerung im Geiste, weil man als Kind Gottes die Geringheit im vollkommensten Maß überkommt.[24]

Die Kinder Gottes sind und sein wollen, müssen schwach sein, und ihre Schwäche muss erst eine Kraft werden in Gott (ihre Kraft kommt allein nur aus Gott). Die Kinder Gottes beten Gott an in ihrem Feuer (aus der Liebe zu Gott). Die Kinder Gottes dürfen nicht bleiben, was sie sind, sondern sie müssen verzehrt werden, damit sie in ihrer Vernichtung (reine Hingabe) erst das werden, was sie sein sollen.[25]

Entsagung

Ohne die Welt in einem selbst vollends besiegt zu haben, kann man nicht ein Kind des Vaters im Himmel werden. Die Welt in sich zu besiegen bedeutet nicht, den Kopf hängen zu lassen oder ein Verflucher der Welt zu werden, sondern sie weise zu benützen, da sie ein gut brauchbares Werkzeug ist, mit dem man sich, so man es zweckdienlich anwendet, nämlich als ein Jünger des Herrn, viel Gutes und Herrliches schaffen kann, wodurch es das ewige Leben bereiten und festigen wird. Wer es jedoch anders verwendet, dem wird es allzu leicht eine tödliche Wunde versetzen, die schwerlich ein Arzt mehr zu heilen imstande sein wird, da die Welt dann gleich einem sehr scharfen Messer in den Händen unmündiger Kinder wird.[26]

Die Kinder Gottes sollen aus sich heraus getreue Ebenbilder des Herrn sein. Sie sollen, gleich Ihm, alles hergeben und ihre Liebe und ihr Leben aus dem Herrn frei machen, wodurch sie gleich Ihm reich werden ewig. Sie werden arm, um reich zu werden.[27]

Um die Kindschaft Gottes zu erlangen, soll man allen Reichtum fliehen und alles mit der größten Liebe der unendlichen Liebe des Herrn wieder zurück geben. Man suche im Besitz Seiner Selbst (Selbstbeherrschung), und nichts anderem dazu, den allerhöchsten Reichtum. Dann wird man das allerhöchste Gut besitzen in unendlicher Fülle. Man soll nicht versuchen, sich die Kraft und Macht des Herrn zu eigen zu machen, sondern vielmehr danach trachten, ein Allerschwächster und Allergeringster in Seinem Reiche zu werden und nichts zu besitzen als Seine Liebe und nichts zu wünschen, als nur bei Ihm zu sein.[28]

Selbstlosigkeit

"Geben ist seliger als Nehmen" Apg 20.35 war der Wahlspruch Jesu, zwar nicht in den vier Evangelien im Wort überliefert, da er den Evangelisten zu alltäglich aus dem Mund des Herrn war, jedoch in Taten und Gleichnissen. Dies soll auch der Wahlspruch jener sein, die der Herr berufen und erwählt hat. So wird man Seine wahrhaftigen Jünger und Kinder sein ewig.[29]

Nicht richten

Was die Welt richtet, das nimmt der göttliche Vater auf; was aber die Welt erhöht, das wird nieder zu stehen kommen vor Ihm. So sollen es auch alle tun, die Ihm rechte Kinder sein wollen.[30]

Hindernisse

Falsche Motivation

Wahrhaftige Kinder Gottes darf nie irgendein Grund zu einer Handlung bewegen, der nicht in allen seinen Teilen auf der reinen Liebe basiert. Es darf keine Spur von einem Ärger, einem Rachedurst und von einer noch so geringen Schadenfreude vorhanden sein, denn das gehört der Hölle und nicht dem Himmel an. (nach Raphael)[31]

Unduldsamkeit

Gottes Kinder müssen alles ertragen können, alles erdulden. Ihre Kraft sei allein die Liebe zu Gott und die Liebe zu ihren Brüdern, ob sie gut oder böse sind. Wenn sie darin fest sind, dann auch sind sie vollkommen frei und fähig, in das Reich Gottes aufgenommen zu werden. Solange man sein Recht noch irgendwo anders sucht als allein nur im Wort Gottes, solange man noch beleidigt werden kann und der Meinung ist, es geschehe einem irgendein Unrecht, so lange ist man noch ein Kind der Hölle und die Gnade des Herrn ist nicht in einem. (nach Borem)[32]

Rangdenken

Solange jemand den anderen gegenüber nicht in aller Liebe ein wahrer Bruder ist, kann Gott nicht sein Vater sein, da Er als die reine Liebe keinen Unterschied zwischen Seinen Kindern macht. Es gibt wohl einen Unterschied zwischen Liebe und Liebe, wie sie mächtiger ist und mächtiger; aber diese Unterschiede sind so beschaffen, dass die Brüder diesen Unterschieden zufolge einander achten, und je mehr Liebe einer hat, desto demütiger ist er auch, und desto mehr will er auch allen ein Diener sein.[33]

Einwände

Mit Gott auf Du und Du sein ist unbegreiflich keck

Der Herr ist endlos alles und man selbst ist total nichts. Wie kann die menschliche Keckheit mit Ihm so reden, als hätte sie sie ihresgleichen vor sich?

Das Geschöpf ist seines Schöpfers wert. Gott Selbst will es so, denn die Kinder haben von Ewigkeit her das Recht, mit dem Vater nach Herzenslust zu reden. Wenn man mit Gott spricht wie mit seinesgleichen, dann ist das gut; denn Gott hat niemanden außer Sich, mit dem Er reden könnte. Aber Seine Geschöpfe, die aus Ihm sind, sind also frei gestellt, dass sie mit Gott und Gott mit ihnen wie ein Mensch mit dem andern reden können. Das Geschöpf ist Zeuge der göttlichen Allmacht, Weisheit und Liebe, daher seines Schöpfers wert und der Schöpfer Seines Geschöpfes. Darum ist es völlig in Ordnung, mit Gott zu sprechen wie mit seinesgleichen. (nach Engeln)[34]

Der Mensch kann sich zwar, was die ihm selbst notwendig anheimgestellte moralische Ausbildung seines Herzens und seiner Seele betrifft, zu einem Scheusal der Hölle herabwürdigen, wodurch er die größte Sünde begeht und es dann Gott Selbst große Mühe macht und eine nie berechenbare Geduld kostet, bis aus dem verpfuschten Werk wieder ein Meisterwerk wird. Daher ist der Meister Selbst in diese Welt gekommen, um die vielen Werke, die sich selbst verdorben haben, für alle Zeiten zurechtzubringen. Er hat auf dieser Welt eine Anstalt gegründet (siehe Weg in den Himmel), in der sich alle verdorbenen Werke von sich selbst aus zurechtbringen können. Wer davon frei aus sich selbst keinen Gebrauch machen will, der wird ewig verdorben bleiben, so sich sein Wille nicht ändern wird. (nach Engeln)[35]

Selbst höchste Seligkeit macht überstandene Leiden nicht wett

Wer durch ein entsetzlich selbstverleugnendes Leben sogar alle Fähigkeiten des Allerhöchsten erreicht hätte, so sind diese aber dennoch nichts gegen solche Leiden, vor allem auch, weil diese nur jenem zuteil werden, der sein Leben hindurch am meisten alles erdenkliche Elend geduldig ausgestanden hat. Selbst die größtmögliche Seligkeit nützt einem solchen Kind nichts, wenn ihm die Erinnerung an die Leiden bleibt. (Anm.: Was auch irdisch an zahlreichen Fällen belegt werden könnte.) Ebenso wird so jemand jede Seligkeit auf ewig verbittert, weil ihm bewusst werden muss, dass seine ebenbürtigen Brüder sicher zu Tausenden elend in irgendeinem ewigen Strafort schmachten, und er vielleicht aus Äonen als der einzige glücklich seine schreckliche Lebensaufgabe gelöst hat. Erinnert sich so jemand aber seines einstigen Elendes nicht und kümmern ihn seine ewig unglücklichsten Brüder nicht, dann ist er um sein Leben betrogen, denn ohne Rückerinnerung kann er unmöglich sagen, er habe sich solche Glückseligkeit erworben, d.h. er ist höchst unwissend und hat aus einer Gotteskindschaft nichts als eine stumpfe Seligkeit.[36]

Gott kann alles wieder ganz machen. Niemand wird etwas verlassen, das ihm im Gottesreich nicht tausendfach ersetzt werden würde für ewig. Großes wird geboten, aber auch nichts Geringes verlangt. (nach Petrus).[37] Gott kann das, was der Satan zerstört, doch wieder völlig ganz machen, und zwar derart, dass keine Spuren oder Schäden bleiben.[38]

Beleidigung der Weisheit Gottes

Keine Hölle ist ärger als die Erde. Wie kann die Weisheit Gottes an solchen gemarterten Wesen ihre Lust haben; was soll das für ein Gott sein, der nur Freude an den Elenden hat?[39]

Ordnung und Weisheit Gottes ist übermenschlich. Von der unendlichen Ordnung und Weisheit Gottes kann sich selbst ein noch so freier Geist ewig keine völlig klare Vorstellung machen. (nach Uhron)[40]

Liebe genügt nicht

Wie kann man ernsthaft glauben, es genüge schon, den Höchsten Geist ein wenig anzuschmachten, um Ihn zu gewinnen? Solche Sentimentalität zeigt nur, dass man ein Dummkopf ist, und man sich nicht einmal selbst erkannt hat, geschweige denn den ewigsten Urgeist aller Geister, dessen ausgezeichnetes Kind man am Ende sein will.[41]

Die Kindschaft Gottes ist kein Herz-Schmerz-Roman. Ein himmlisches Leben taugt nicht, um dadurch zur Gotteskindschaft zu gelangen. Diese ist ein heiliger Ernst und keine Spielerei, daher muss sie auch im vollsten und oft bittersten Lebensernst erstrebt werden (nach Martin).[42] Nur weil jemand auf der Erde geboren ist, wo der Herr Selbst Sich ins Fleisch gehüllt hatte, erreicht wohl niemand die Kindschaft Gottes (nach Martin).[43]

Mangel an praktischer Lebensweisheit

Was nützt eine hohe Mystik von der Kindschaft Gottes, wenn selbst die ersten Prinzipien der praktischen Lebensweisheit völlig mangeln? Diese bestehen in der gerechten Nachgiebigkeit gegen Schwache. Denn wo der Starke gegen den Schwachen stark sein will und ein Sieger über ihn (wie auf der Erde allgegenwärtig), da ist alle Weisheit verloren. Dies ist so, weil jede Kraft den Sieg in ihrem klaren Bewusstsein finden muss, und nie in der schmählichen Unterjochung dessen, der schon von weitem als der Schwächere erscheint. Wer stark ist, der verberge seine Stärke nicht, aber mache sie auch nicht geltend an den Schwachen. Wer schwach ist, der scheine nicht, als wäre er stark, sondern schwach. So wird die Kraft des Starken und die Schwäche des Schwachen zu einer Stärke im Starken. Selbst dieser einfachsten Lebensweisheit scheinen die Kinder Gottes zu ermangeln, was also kann daran liegen?[44]

Völlige Willensfreiheit ist eine notwendige Zutat. Auf der Erde geht es wohl so elend zu, dass man meint, Gott liege gerade an jener Welt, die Er Selbst zur wichtigsten und heiligsten im Universum durch Seine Menschwerdung gemacht hat, gar nichts. Dem ist jedoch nicht so. Die Menschen der Erde sind im vollsten Sinn frei und können tun, was sie wollen: Gutes nach dem Gebot Gottes oder Schlechtes wider dasselbe. (nach Martin)[45] Ohne den vollkommen freien Willen ist es unmöglich, die freieste, ewig ungerichtete Kindschaft Gottes zu erlangen. (nach Martin)[46]

Die Kinder Gottes werden auf der Erde von den Teufeln versklavt

Würden auf der Erde wahre Menschen hausen, dann wäre das Leben nicht so übel, aber auf wenige Menschen kommen tausend Teufel (Weltmenschen), weswegen mit der Zeit doch alles rein des Teufels werden muss. Weil unter den Menschen nicht alles wirklich Mensch ist, was dem Menschen ähnlich sieht, sondern zum größten Teil Teufel, darum ist stets Zank, Hader und Krieg unter den Menschen. Die Teufel, die ohne Arbeit und Anstrengung ihrer Kräfte so gut und bequem wie möglich leben wollen, als die Ersten geehrt und angesehen werden wollen, sich überall den Besitz der Güter der Erde aneignen, sich prächtig kleiden und jeden bis auf den Tod verfolgen, der sie nicht allzeit demütigst grüßt, beherrschen die Welt, und die wenigen Menschen stecken in der tiefsten Sklaverei und können sich nicht helfen. Und das sollen Kinder Gottes sein? Wenn ein Gott derart für seine Kinder sorgt, und das Los der armen Gotteskinder darin bestehen soll, den Teufeln in der tiefsten Niedrigkeit zu dienen, wer möchte eine solche Kindschaft Gottes? (nach den fünf Raubmördern)[47]

Das Diesseits ist nicht alles. Tatsächlich haben die Gotteskinder auf dieser Welt oft viel auszustehen. Aber dafür erwartet sie im Jenseits eine unberechenbare Fülle von stets wachsenden und sich in einem fort mehrenden Seligkeiten. Wenn ein Gotteskind das recht bedenkt, dann kann es sich durch dies kurze Leben eine kleine Probedemütigung gefallen lassen. (nach Markus)[48]

Falsche Vorstellungen

Kalte oder motivierte Anrufung

Die wahrhaftige Kindschaft Gottes besteht nicht darin, den Vater anzurufen, um sich so die Macht und Stärke des Herrn zu verschaffen, und sich Sein Kind zu nennen, dabei aber keine Liebe im Herzen zu haben, also nur ein sein sollendes und kein sein wollendes und damit kein wirkliches Kind Gottes zu sein. Zwischen solchen Kindern und den wahren Kindern Gottes besteht eine unendliche Kluft.[49]

Die Liebe eines Kind Gottes zu Gott ist nicht irgendeine Schmeichelei, durch die es sich in die allmächtige Gunst Gottes zu versetzen imstande wäre. Die wahre Liebe muss ein innerer Trieb sein, Gott über alles, als den alleinigen vollkommenen Herrn anzuerkennen, sich selbst aber als ein vollkommenes Nichts Ihm gegenüber zu betrachten. Man muss die höchste Glückseligkeit darin suchen, Gott den Vater zu lieben über alles, weil Er Gott und Vater ist. Und für solche Liebe darf man ewig keines Lohnes gedenken, als allein der Gnade, Gott den Vater so lieben zu dürfen.[50]

Unterscheidungsmangel

Noch größer als die kalte oder motivierte Anrufung ist der Irrtum jener, die den großen Begriff der Kindheit Gottes so weit ausdehnen, dass sie sich und alle Geschöpfe als Kinder Gottes betrachten. Es herrscht ein großer Unterschied zwischen jenen, die einen Gott und Schöpfer erkennen, und jenen, deren Herz Gott alsbald heißliebend (völlig selbstlos) erfasst und Ihn nie auslässt (reine Hingabe) und sich deswegen auch nur mehr darum kümmert, wie es Gott stets liebender erfassen kann. Die ersten staunen über ihren erkannten Gott, die zweiten aber zerfließen vor Liebe in Tränen, wenn sie irgendetwas an den Herrn erinnert, indem sie hinter ihrem guten Gott schon einen liebevollsten Vater ahnen. Die ersteren sind nur Knechte, die für den Lohn arbeiten, die zweite Art aber Kinder, die nichts als nur allein den Vater wollen.[51]

Verlust der Gotteskindschaft

Alle Geschöpfe hängen an der Macht Gottes, aber die Kinder Gottes hängen an Seiner Liebe. Die Macht Gottes gebietet, und es geschieht; aber Seine Liebe wünscht nur und gebietet in aller Sanftmut den freien Kindern. Wenn die (potentiellen) Kinder den Vater nicht wollen und Seine Liebe verschmähen, dann sterben sie (d.h. verlieren die Gotteskindschaft; geistiger Tod). Stündlich welken und sterben Tausende solcher (potentieller) Kinder Gottes dahin, was den Vater traurig macht. Sie verstopfen ihre Ohren und wollen das Angesicht ihres Vaters nicht schauen, daher kann selbst Gott ihnen nicht helfen, wenn sie es nicht wollen, weil sie frei sind, wie Er es ist. Die Macht Gottes geht über alles; aber Sein Wille ist Seinen Kindern untertan. Es liegt an den Menschen, ob sie den Herrn als Vater oder als Gott wollen. Die Liebe wohnt nur im Vater und heißt der Sohn. Wer diese verschmäht, der wird der mächtigen Gottheit anheimfallen und wird seiner Freiheit auf ewig beraubt werden, und der (geistige) Tod (als Kind Gottes) wird sein Anteil sein, denn die Gottheit wohnt auch in der Hölle, aber der Vater wohnt nur im Himmel. Gott richtet alles nach Seiner Macht; aber die Gnade und das ewige Leben ist nur im Vater und heißt der Sohn. Die Gottheit tötet alles (was die Kindschaft Gottes betrifft); aber der Sohn oder die Liebe in Gott hat Leben, gibt Leben und macht lebendig.[52]

Gott zerstört augenblicklich Seine Geschöpfe, die nichts taugen, und vernichtet sie auf ewig. Für Seine ungehorsamen (potentiellen) Kinder hat Gott eine Menge Strafen und züchtigt sie bis auf den letzten Tropfen Blut, und sie werden dann gewiss erkennen, dass Er der Herr im Haus ist, wenn sie Ihn schon als liebenden und heiligen Vater nicht erkennen wollen. Wehe denen, die Seine väterlichen Züchtigungen verkennen werden; diese wird der Vater verstoßen und sie werden dann mit ihrem ewig unerbittlichen Gott zu tun haben.[53]

Wie ein Töpfer einen missratenen Topf wieder zusammenschlägt und den Lehm mit anderem frischen Lehm vermengt, um dann ein anderes, minder heikles Gefäß daraus zu formen, so geht der Stoff unmöglich je verloren. Aber die eigentümliche Individualität des zuerst begonnen Werkes ist für ewig vollkommen dahin und tot. Und das ist im eigentlichsten Sinn der ewige Tod, den keine Liebe und keine Erinnerung ans Ursein wiederbeleben kann. So kann auch ewig an keine vollkommene endliche Vollendung mehr gedacht werden. An der Beibehaltung der Urindividualität liegt unaussprechlich viel, denn ohne sie kann die Kindschaft Gottes nie erreicht werden. Eine Zweitzeugung wird ewig keine Erstzeugung mehr. Wie ein unreifer, fauler Apfel in einen Schimmel und Schwamm übergeht, kann aus dem Schimmel und Schwamm kein Apfel mehr werden, höchstens im besten Fall eine Schmarotzerpflanze. Und diese hat wohl wenig Ähnlichkeit mehr mit dem Urbaum und mit der Urfrucht.[54]

Die später (im Jenseits oder auf anderen Weltkörpern) möglicherweise geläuterten Weltkinder werden geistige Bewohner jener Weltkörper und jener ihnen entsprechenden Vereine verbleiben, wo sie geläutert wurden. Aber in des ewigen Vaters Haus in des allerhöchsten Himmels Mitte werden sie nimmer aus und ein gehen gleich Gottes wahren Kindern, die mit Gott stets die ganze Unendlichkeit richten werden ewig.[55]

siehe auch Verlust der Urindividualität, der eigentliche ewige Tod

Gott und Seine Kinder

siehe Gott Vater

Siehe auch

Quellenverweise

  1. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.89.20
  2. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.25.67; Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.120.18
  3. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 1.166.24; Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.44.6-8; Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.51.24
  4. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 3.11.4-5
  5. Jakob Lorber, Bischof Martin 121.10
  6. Jakob Lorber, Robert Blum 1.127.7-8
  7. Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.481130.5
  8. Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.481130.5
  9. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.177.7-20
  10. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.170.9-10
  11. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.71.19-20
  12. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.59.10-14; Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 8.76.5
  13. Jakob Lorber, Die Erde 34.13
  14. Jakob Lorber, Bischof Martin 120.12
  15. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 5.111.1
  16. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 1.166.24; Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.44.6-8
  17. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.46.5-6
  18. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.241.2-4
  19. Jakob Lorber, Robert Blum 1.43.13
  20. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.59.15-21
  21. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 4.121.7
  22. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.64.12; Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.62.16
  23. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.63.13
  24. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.62.16-18
  25. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.25.3
  26. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.83.5-9
  27. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.250.28
  28. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.60.23-24
  29. Jakob Lorber, Himmelsgaben 2.440706.0-2; Jakob Lorber, Himmelsgaben 2.440706.5-6
  30. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.400423.5
  31. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.59.11
  32. Jakob Lorber, Bischof Martin 68.20-22
  33. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.90.9-11
  34. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.58.1-4
  35. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.58.5-9
  36. Jakob Lorber, Bischof Martin 147.2-3
  37. Jakob Lorber, Bischof Martin 176.13-14
  38. Jakob Lorber, Bischof Martin 189.8-11
  39. Jakob Lorber, Bischof Martin 147.4-5; Jakob Lorber, Bischof Martin 174.2
  40. Jakob Lorber, Bischof Martin 175.14
  41. Jakob Lorber, Bischof Martin 147.10-11
  42. Jakob Lorber, Bischof Martin 175.3
  43. Jakob Lorber, Bischof Martin 175.6
  44. Jakob Lorber, Bischof Martin 148.1-2; Jakob Lorber, Bischof Martin 148.5
  45. Jakob Lorber, Bischof Martin 175.7-8
  46. Jakob Lorber, Bischof Martin 175.10
  47. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.23.4-6
  48. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.23.7
  49. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.83.14-16
  50. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.62.19
  51. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.83.17-26
  52. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 3.1.3-6
  53. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 1.3.19-20
  54. Jakob Lorber, Robert Blum 2.293.13; Jakob Lorber, Robert Blum 2.294.4-8
  55. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 5.111.2