Sünder

Aus Prophetia
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Der verlorene Sohn (Max Slevogt)
Ein Sünder ist, wer Böses tut,[1] oder keine Liebe (zu Gott) hat.[2] Alle Menschen sind mehr oder weniger Sünder.[3] Jeder Sünder gleicht einem verlorenen Sohn Lk 15.11-32, über dessen wahre Rückkehr größere Freude sein wird als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.[4]

Wesen

Wer ein Sünder ist und wer nicht:

  1. Wer weiß, was er tut, und tut Unrechtes, so tut er die Sünde und ist ein Täter des Übels.
  2. Wer nicht weiß, was er tut, und tut also Unrechtes, dem soll es vergeben sein; denn er wusste ja nicht, was er tat.
  3. Wer wüsste, was er täte, und möchte aus sich nichts Ungerechtes tun, wenn er aber gezwungen wird, da sträubt er sich nicht und tut Ungerechtes, der ist ein Sklave der Hölle und zieht sich selbst das Gericht zu.[5]
  4. Wer einmal etwas Rechtes weiß und nicht danach handelt, der ist ein Sünder, wie der, welcher wider das Rechte handelt, das er zwar als Recht wohl erkennt, es aber dennoch nicht will, weil es ihm unbequem ist.[6]

Zum groben Sünder wird, wer einen Trieb bemerkt und dessen Vorteil ersieht und diesen Trieb dann mit seiner Begierde ergreift und ihn in sein Eigenes verkehrt und darauf eigenliebig handelt, worauf ein böser Geist entsteht, der den ganzen Menschen durchdringt und verfinstert, wodurch dieser dann nicht mehr zwischen Wahr und Falsch und Gut und Böse zu unterscheiden vermag. Wer jedoch erkennt, dass der Trieb vom Herrn kommt und dazu dient, den Menschen in der wahren Demut und Liebe zu Gott zu festigen, und ihn daher dem Herrn aufopfert, indem er Ihn bittet, diesen wieder zu nehmen, so wie Er ihn gegeben hat, da der Trieb eine göttliche Kraft und ein Heiligtum ist, der erwirkt durch diesen Verzicht den Segen des Triebes durch den Herrn und durch ihn das ewige Leben und wird dadurch dasselbe wie der Sünder tausendfältig aus Gott tun können und dabei nicht mehr sündigen können, denn was er tut, das tut er nicht mehr aus sich, sondern aus dem Herrn.[7]

Verhalten gegen Sünder

Barmherzig sein

Man soll stets barmherzig gegen die großen Sünder und Verbrecher wider die menschlichen und göttlichen Gesetze sein. Denn die Sünde ist stets nur die Folge einer kranken Seele.[8]

Indem man jeden Sünder als einen irrenden Bruder betrachtet, wird man auch von Gott als Sein irrendes Kind betrachtet, im Gegenteil aber nur als böswilliges Geschöpf, das allzeit Seinen Gerichten unterliegt und gleich den Ephemeriden getötet wird. (nach Joseph)[9]

Nicht richten und verdammen

Die Fähigkeit der Menschen, sündigen zu können, soll weder zu wenig, noch zu sehr verbrecherisch bewertet werden, denn ohne die Fähigkeit, den gegebenen Gesetzen zuwiderzuhandeln, wäre der Mensch ein Tier und kein Mensch. Die Sünde erst gibt dem Menschen das Zeugnis, dass er ein Mensch ist. Der Sünder zeigt ebenso gut an, dass er ein freie Mensch ist, wie einer der freiwillig das Gesetz beachtet.[10]

Sünder sollen nicht gerichtet und verdammt werden, denn meist sündigen nicht sie, sondern der Geist der sie treibt und man kann nicht wissen, von welchem Geist sie getrieben werden. Wer von seiner vermeintlichen Tugendhöhe hochmütig mit Abscheu und Verachtung auf die Sünder herabblickt, der macht sich selbst zum noch größeren Sünder und wird zu Fall kommen. Nicht die Sünder sollen verabscheut werden, sondern die Sünde. Nur einem hartnäckigen Bösewicht, der mit der Sünde eins geworden ist (d.h. sich der Sünde nicht schämt, sondern sich an ihr erfreut und sogar stolz auf sie ist), dem soll man die Hand nicht reichen. Wenn aber ein gerechtes Elend zu seiner Besserung über ihn gekommen ist, dann soll man seiner gedenken, und wenn er eine Bitte hat, soll man sein Ohr ihm gegenüber nicht verschließen. Man soll sich nicht darüber freuen, wenn jemand zum Tod verurteilt wird, auch wenn das eigene Haus Opfer seiner Verbrechen war, denn es ist nicht unmöglich, dass auch ein solcher jenseits selig werden kann.[11]

Helfen und Anleiten

Niemand ist ganz vollkommen in dieser Welt. Daher soll der Vollkommenere im Verstand und im Herzen Leiter und Arzt seiner kranken Brüder und Schwestern sein, und der Starke den Schwachen tragen, sonst erliegt er samt dem Schwachen.[12]

Was immer für Sünder und Sünderinnen hilfesuchend kommen, die soll man nicht vertreiben, sondern ihnen helfen, als hätten sie nie gesündigt. Hat man ihnen erst geholfen, dann soll man auch alles aufbieten, um sie für die Zukunft zu bessern auf dem Weg der Liebe und der wahren Weisheit, die stets nur aus der Liebe hervorgeht.[13]

Die Menschen sollen nur mit aller Geduld und Sanftmut belehrt und den Verirrten der rechte Weg gezeigt werden, wobei kein Zwang angewendet werden soll, höchstens dass ein Sünder aus einer besseren und reineren Gemeinde ausgeschieden werden mag.[14]

Bestrafung

Eine Sünde bleibt bei dem Menschen nur so lange strafbar, als derselbe in der Sünde verharrt. Legt der Mensch aber die Sünde völlig ab und begibt sich in die von Gott gestellte Ordnung, so hat die Sünde und deren Strafe bei und mit dem Menschen nichts mehr zu tun. Einen völlig gebesserten Menschen darum zu strafen, weil er früher ein oder auch mehrere Male in seiner blinden Torheit und Schwäche gesündigt hat, das ist so, als würde ein Arzt bei einem gesund gewordenen Kranken hergehen, und ihn martern und züchtigen, weil er krank geworden war, wodurch er dann noch zehnmal kränker würde als zuvor. Es ist unsere Pflicht, die Menschen, die gesündigt und sich dann völlig gebessert haben, auf die großen Gefahren der Sünde brüderlich aufmerksam zu machen und sie in ihrem gebesserten Zustand mit allem, was zu Gebote steht, zu stärken und zu kräftigen, damit sie keinen Rückfall in die Knechtschaft der Sünde machen möchten, nicht aber sie als Gebesserte zur Verantwortung und Strafe zu ziehen. Die Strafe, die jede Sünde schon mit sich führt, ist die Medizin gegen das Seelenübel; wozu also eine Medizin, wo kein Übel mehr vorhanden ist. (nach Jonael)[15]

Rückkehr

siehe Bekehrung

Gott und die Sünder

Gott ist ein guter Hirte, sucht das verlorene Schaf und bereitet dem verlorenen Sohn (dem reuigen Sünder) ein großes Gastmahl, dass sich darüber die "Gerechten" ärgern – wenn er nur wieder zu Ihm kommt. Und möge er noch so zerlumpt und zerrissen sein, das soll bei Gott keines Unterschiedes sein – wenn er nur wieder zurückkehrt.[16]

Gott hat nicht gleich einem Ignatius von Loyola ein Sündenregister verfasst und es den Menschen zur strengsten Beachtung oktroyiert. Nur die Liebe zu Gott und ebenso zum Nächsten ist von Ihm geboten, und alles, was dem zuwiderläuft, verboten. Gott erschafft keinen Menschen, um über ihn Seinen Zorn ausschütten zu können, sondern Er sagt allen: Kommet alle zu Mir, die ihr irgend mühselig und beladen seid, denn Ich will euch ja alle erquicken! Mt 11.28 [17]

Vor Gott gibt es nur eine wahrhaft verdammliche Sünde, und diese ist Hochmut. Jeder Sünder wird von Ihm nachsichtiger behandelt, als wie einer, der in was immer einen ersichtlichen Hochmut nur einmal an den Tag gelegt, denselben aber nicht sogleich aus seinem Herzen mit wahrer Reue und tiefster Verabscheuung für immer verbannt hat. Man kann unzählige Sünden haben, wenn man aber dabei keine Spur von einem Hochmut hat, dann sind all diese Sünden wie gar keine vor Gott, denn wo kein Hochmut ist, da ist die Liebe, die in sich alle Demut birgt. Liebe und Demut aber tilgen alle Fehler und Sünden.[18]

Jesus und die Sünder

Wer seine Sünde als Sünde erkennt und sie tatsächlich verabscheut, Gott über alles liebt und seinen Nächsten wie sich selbst, der ist vor dem Herrn kein Sünder mehr.[19]

Dem Herrn ist ein Sünder, der wahre Buße im Herzen tut und sich demütigt, sehr viel lieber als neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen; der eine ist ganz Mensch, die anderen nur zur Hälfte. Der Gerechte ist gerecht aus Furcht, und scheut sich aus Furcht zu fehlen. Der Sünder aber wird gerecht durch die Buße der Liebe zum Herrn, und das ist Ihm viel lieber. Das heißt natürlich nicht, dass Ihm ein Sünder lieber wäre als ein Gerechter, weil er etwa allzeit ein Sünder ist, sondern es ist ein Sünder gemeint, der das Unrecht, dem Gesetze zuwidergehandelt zu haben, in sich frei erkennt, sich nach der erkannten Ordnung Gottes neu zu bestimmen anfängt und zu einem Menschen wird, dem keine Schule des Lebens fremd geblieben ist. Solch ein Geist wird im Reich Gottes endlos Größeres zu leisten imstande sein als einer, der stets aus einer sklavischen Furcht nie um ein Haar vom Gesetz abgewichen ist und sich durch gezwungene Beachtung des Gesetzes zu einer keinen eigenen Willen habenden Maschine gestaltet hat.[20]

Siehe auch

Quellenverweise

  1. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 1.20.30
  2. Jakob Lorber, Die Kindheitsgeschichte Jesu 172.21
  3. Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.450428.3
  4. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.145.9-10; Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 10.188.22
  5. Jakob Lorber, Die Kindheitsgeschichte Jesu 200.13-15
  6. Jakob Lorber, Robert Blum 2.280.6
  7. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 1.179.11-14
  8. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 4.58.4
  9. Jakob Lorber, Die Kindheitsgeschichte Jesu 62.6-7
  10. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.28.13-14; Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 6.150.21
  11. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.174.4-6
  12. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 4.58.8
  13. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.209.7
  14. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 6.150.21
  15. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.78.5
  16. Jakob Lorber, Himmelsgaben 2.430202.6
  17. Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.560917.2-3
  18. Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.490406.82-84
  19. Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 3.218.4
  20. Jakob Lorber, Robert Blum 2.273.17; Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.29.1-3