Sehen

Aus Prophetia
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Seher und Visionäre wie Anna Katharina Emmerick gibt es seit jeher unter den Menschen.
Sehen gibt es eine leibliches, seelisches und geistiges. Die leiblichen Augen können erst dann etwas schauen, wenn es gerade eben innerhalb ihres Wahrnehmungskreises geschieht, der sich bis zur Sonne und den Sternen erstreckt. Die seelische Sehe kann etwas schon wesentlich früher erkennen, oder erst als ein Nachhall danach und auch über weite Distanzen. Das geistige Schauen ist ganz verschieden von dem der Seele; es kann alles Vergangene und Zukünftige erkennen (es ist nicht begrenzt). Das innere Schauen - das des Denkens - geht über das leibliche hinaus und wird vom göttlichen Sehen, dem allerinnersten und höchsten, weit übertroffen.[1]

Wesen

Der Mensch kann mit Geist und Körper sehen, hat also eine natürliche und geistige Sehe. Mit seinem Geist sieht er Geistiges, weil er aus dem Licht des Himmels sieht, mit dem Körper Natürliches, weil er aus dem Licht der Welt sieht. Das Geistige besteht aus Dingen, das Natürliche aus Formen derselben.[2]

Die Geistigen sehen die Dinge aus geistigem Ursprung, die Natürlichen (Menschen, Tiere usw.) die Dinge aus natürlichem Ursprung. Deshalb kann der Mensch mit seinen Augen nichts von der geistigen Welt wahrnehmen, es sei denn, dass es ihm gegeben werde, im Geist zu sein, oder dann nach dem Tod, wenn er ein Geist wird. Umgekehrt können aber auch die Engel und der Geist nichts von der natürlichen Welt sehen, es sei denn dass sie bei einem Menschen sind, dem es gewährt wird, mit ihnen zu reden. Die Augen des Menschen sind zur Aufnahme des Lichtes der natürlichen Welt eingerichtet, die der Engel und Geister zur Aufnahme des Lichtes der geistigen Welt. Dennoch haben sie auf beiden Seiten dem Anschein nach genau die gleichen Augen.[3]

Verstärkung:

  • Leibliche Sehkraft: Durch optische Werkzeuge.
  • Seelische Sehkraft: Ein starker, ungeheuchelter Glaube, ein festes Wollen und eine dadurch wenigstens zur Hälfte geistige Gewecktheit.
  • Geistige Sehkraft: Die geistige Sehkraft kann bis ins Unendliche gestärkt werden durch die Mittel der Lehre Christi. (Gottesliebe, Nächstenliebe)[4]

Das Sehen beruht auf dem Auge der Erde. Hätte die Erde nicht ein allgemeines Sehvermögen, so würde auch kein Wesen auf ihr eines haben; denn was jemand nicht hat, das kann er nicht geben.[5] Die Erde schaut fortwährend den ganzen unendlichen Raum um sich herum, und diese allgemeine Anschauung erzeugt in der Erde selbst bei allen in ihr wohnenden Geistern eine allgemeine entsprechende Vorstellung, aus welcher jedes einzelne geistige Wesen seine Intelligenz schöpft, und zwar jene für die Außenwelt. Das aber wäre unmöglich ohne das allgemeine, große Sehvermögen der Erde. Der Mensch mit seinem kleinen Auge könnte unmöglich je die große Sonne übersehen, wenn nicht zuvor das große Erdauge ein Kleinbild von der Sonne aufnehmen und dieses dann erst dem menschlichen Auge zuführen würde. Daher sieht niemand die Sonne oder den Mond und die Sterne, wie sie in ihrer Eigentümlichkeit und in ihrer weiten Ferne sind, sondern nur deren Abbilder von der Oberfläche des großen allgemeinen Erdauges.[6]

Licht bildet das Auge im Menschen und macht es ihm verwandt; wäre das Auge nicht Licht, nimmer könnte es das Licht erschauen. Wenn der Mensch mit seinem Auge, mit dieser kleinen Sonne in seinem Leib, den Sternenhimmel betrachtet, da wird sein Auge selbst zu einer kleinen Hülsenglobe, in der Milliarden Sonnen kreisen und Zentralsonnen ihr Urlicht in endlose Fernen hinausschleudern. Eine ganze unendliche Schöpfung trägt dann das Auge des Menschen.[7]

Tätigkeit ist das Licht und der Glanz aller Wesen und Dinge. Die Sehkraft des Auges besteht darin, diese Tätigkeit wahrzunehmen. Die unvollkommene Sehe sieht nur Licht und Glanz, die vollkommene sieht die wesenhafte Tätigkeit selbst.[8]

Die Freude der Augen sind die Schönheit und ihre Formen. Dem Gesichtssinn zugeordnete Freuden sind die Dienste, die er dem Verstand leistet.[9]

Alles Schauen ist ein Strahlen und Gegenstrahlen.[10]

Nach oben blicken (im Entsprechungssinn) heißt auf den Himmel und zugleich zum Herrn aufblicken, weil Er der der allgemeine Mittelpunkt ist, auf den alle Dinge des Himmels ausgerichtet sind. Nach unten blicken heißt auf die Hölle blicken, vom Herrn weg auf den entgegengesetzten Mittelpunkt, auf den alle Dinge der Hölle bezogen sind.[11]

Leibliches Sehen

Das Geistige kann vom Natürlichen nicht gesehen werden.[12] Das leibliche Auge ist so grob, dass es nicht einmal kleinere Gegenstände der Natur ohne Hilfe optischer Instrumente erkennen kann. Desto weniger vermag es die Dinge der geistigen Welt, die sich über der Sphäre der Natur befinden, auszumachen. Gleiches sieht Gleiches, weil es Gleichem entstammt. Der Mensch kann dennoch diese Dinge sehen, wenn er dem Auge des Körpers entrückt und ihm das Gesicht seines Geistes geöffnet wird. Dies geschieht auch augenblicklich, wenn es dem Herrn gefällt, wobei der Mensch dann nur meint, dass er sie mit den Augen seines Körpers erblickt. Auf diese Weise wurden z.B. die Engel von Abraham, Lot, Manoach und den Propheten gesehen, ebenso auch der Herr nach der Auferstehung und die Engel von den Jüngern. Auch Swedenborg sah so die Engel. Daher nannte man die Propheten auch Seher, wie z.B. in 1Sam 9.9. Sie so sehen zu machen, hieß "die Augen öffnen", wie dies dem Gehilfen Elischas geschah 2Kön 6.17.[13]

Seelisches Sehen

siehe Sinne der Seele und Zweites Gesicht

Geistiges Sehen

Das Sehen des menschlichen Geistes ist das, was man Verstand heißt. Daher bedeutet sehen auch verstehen; wenn man z.B. sagt, man sehe die Wahrheit.[14] Das geistig natürliche Sehen ist die Wissenschaft, das geistige Sehen die Einsicht und das himmlische Sehen die Weisheit.[15]

In der natürlichen Welt ruft der von außen kommende Strahl das im Beobachter ruhende Ebenbild hervor und er schaut durch die Wirkung der Gegenkraft und der Kraft in sich den betrachteten Gegenstand. Das geistige oder visionäre Sehen funktioniert genau umgekehrt, d.h. der Betrachter findet ein Abbild aus sich und dieses findet seinen Gegensatz, wenn es in sich fest hervorgerufen wird. Je mehr man den in sich gefassten Gegenstand festhält, desto mehr strebt dieser seinem ewig gestellten Gegensatz an, entwickelt ihn zunehmend und macht ihn stets beschaulicher. Dies ist kein Werk einer leeren Phantasie, sondern die volle Wirklichkeit, nur ist sie noch unbekannt in ihrem Grund, woher sie ist und wo sie ruht. Dies lässt sich in Erfahrung bringen, denn wo die Wirklichkeit ruht, da auch ihr Name, ihre Ordnung, ihr Wirkungskreis und ihr Standort. Aus den Früchten erkennt man den Baum und so kommt man auf die Wirklichkeit dessen, was sich vor der geistigen Sehe entwickelt hat. Indem man das Gesehene immer genauer betrachtet, wird es zur eigenen Grundlage und man kann auf dieser tätig werden. Wenn man es in dieser Tätigkeit so weit gebracht hat, dass darin der mächtige Zug der Liebe Gottes verspürt wird, so wird sich die Unterlage in allen ihren Teilen in selbst lebendige Formen auflösen nach der Art, wie sie im Beobachter abbildlich vorhanden sind. Diese Formen werden dann rückwirkend die im Beobachter zugrunde liegenden belebend hervorrufen und selbst kundtun, wer und wo die Grundlage des Betrachters ist. Alles Erkennen ist eine Folge des vorhergehenden Erschauens, das Erschauen eine Folge des Strahlens und Gegenstrahlens oder die Folge der Kraft im Betrachter und der Gegenkraft außerhalb von ihm.[16]

Die Verstärkung der geistigen Sehe geschieht durch den Glauben, der die Liebe erweckt. Diese ist das Feuer, die Wärme und das Licht, welche in der einen Liebe alles ausdehnen, erweitern, stets mehr vergrößern und endlich völlig entfalten. Zur Liebe geselle sich die Geduld, das ist der Dünger; dann die Demut, das ist der fruchtbare Regen; und die Sanftmut, Erbarmung, Treue und Wahrhaftigkeit, das sind die guten Winde, die alle bösen Ungewitter vertreiben. So wird die geistige Sehe vertieft.[17]

Die innerste Geistessehe ist das eigentlichste Bewusstsein des eigenen und fremden Seins und das Vermögen, Gott zu schauen und zu erkennen.[18] Dem Geist ist ein Sandkorn mehr als dem fleischlichen Auge das ganze Weltall, wenn es dieses in aller seiner äußerlichen Pracht ersehen könnte. Er sieht darin kein Stäubchen, sondern eine unermesslich große und herrliche Welt in deren weiten Räumen Licht und Leben wallt. (nach Jorias)[19]

Wenn die Augen des Geistes geöffnet werden, so erscheint das, was in der geistigen Welt ist, ebenso deutlich wie das, was in der natürlichen Welt ist.[20]

Weil es einen Einfluss des Geistigen in das Natürliche gibt, folglich auch des Sehens, kann das Natürliche vom Geistigen her gesehen werden.[21]

Der Mensch und das Sehen

Betrachtungsgegenstände, denen nichts Irdisches anhaftet (Anm.: himmlische Lehren usw.), heben die Seele aufwärts und somit auf ein weites Feld. Rein Materielles dagegen (Anm.: irdische Paläste, Tempel usw. nur dem Äußerlichen nach) zieht die Seele abwärts, beschränkt sie und schließt sie ein.[22]

Wer ein starkes Gesicht hat, der leite die Brennpunkte seiner Sehe in sein Herz.[23] Das bloße Schauen (von Gott) allerdings bringt niemand das ewige Leben, wohl aber das Hören und das Leben nach dem gehörten Wort. (nach Henoch)[24]

Sehen in der Geisterwelt

siehe Sinne der Geister

Siehe auch

Quellenverweise

  1. Jakob Lorber, Die zwölf Stunden 10.31-43; Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.410321.12; Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 85
  2. Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 7
  3. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 582
  4. Jakob Lorber, Die zwölf Stunden 10.46-47; Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.410321.13-14
  5. Jakob Lorber, Die Erde 24.6-8
  6. Jakob Lorber, Die Erde 24.10-11
  7. Jakob Lorber, Die Erde 21.4-5
  8. Jakob Lorber, Bischof Martin 47.11
  9. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 402
  10. Jakob Lorber, Himmelsgaben 1.401018.30
  11. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 430
  12. Emanuel Swedenborg, Vom Jüngsten Gericht 24
  13. Emanuel Swedenborg, Himmel und Hölle 76
  14. Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 7
  15. Emanuel Swedenborg, Enthüllte Offenbarung 351
  16. Jakob Lorber, Die geistige Sonne 2.11.22-27; Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 2.141.3
  17. Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.470521.11-13
  18. Jakob Lorber, Bischof Martin 43.8
  19. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.87.12-14
  20. Emanuel Swedenborg, Vom Jüngsten Gericht Fortsetzung 34
  21. Emanuel Swedenborg, Vom Jüngsten Gericht 24
  22. Emanuel Swedenborg, Die Erdkörper im Weltall und ihre Bewohner 13
  23. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.25.49
  24. Jakob Lorber, Die Haushaltung Gottes 2.269.5