Versuchungen Jesus
Inhaltsverzeichnis
Wesen
Jesus wurde, von der allerhöchsten Liebe aus Sich Selbst getrieben, in die öde, wüste Welt der Menschheit hinausgeführt. Dass Jesus vom Satan versucht wurde heißt mit anderen Worten nichts anderes, als dass die ewige unendliche Liebe selbst das Allerverworfenste aus Sich nicht ausschließt, sondern sie stellt Sich ihm dar, damit auch dieses erkennen möchte, dass in Gott nicht die allerhöchste Hoffart, wie seine grundirrige Idee ist, sondern nur die allerhöchste Demut wohnt.[1]
Aus Liebe fastet der Gottmensch und lässt über Sich Selbst einen großen Hunger kommen. Er zeigt bei der ersten Versuchung, dass die wahre Liebe auch beim größten eigenen Bedürfnis sich noch gar wohl verleugnen kann. Jegliches Wort der Liebe für die Erhaltung aller geschaffenen Wesen ist ihr mehr denn die eigene Sättigung selbst. Der Geist Gottes zeigt seinem Gegner und Abtrünnigen den Weg zur Umkehr und sagt ihm im Geiste: Siehe, dahier ist auch der Platz für dich, nehme auf die Liebe aus Mir und lass fahren das harte steinige Brot der Welt, so wirst auch du leben![2] Bei einer anderen Versuchung, da der Gegner noch einmal die Demut im Gottmenschen prüft, wird ihm entgegen bedeutet, dass auch er von der Liebe berufen ist, in Ihr nicht die Demut zu prüfen, sondern dafür lieber selbst Ihr zu dienen.[3] Bei einer anderen Versuchung wird ihm sein Werk hart verwiesen und ihm abermals gezeigt, dass er umkehren soll und Gott dienen soll und Ihn nicht versuchen.[4]
Jeder Mensch ist zuvor ein Leibeigener des Satans, bis er ein Eigentum der Liebe Gottes wird. Damit er aber das wird, kommt der Herr zu jedem in seine eigene Wüste durch den Geist der Liebe und lässt Sich lange von ihm in allerlei versuchen, damit er dadurch Seine endlose Liebe und allergrößte Demut erkennen solle. Wer da aber verharrt gleich dem, der den Herrn in der Wüste versucht hatte, der wird dann am Ende auch die Worte aus Seinem Mund wird vernehmen müssen: Weiche von Mir, Satan![5]
Geschichte
Jesus hatte Sich von dem Haus Josephs als Mensch vierzig Tage entfernt und ging in die Nähe von Johannes dem Täufer, in die Wüste Bethabara, wo dieser seine Bußpredigten hielt. Der Herr bereitete Sich in Seiner menschlichen Natur für Sein Lehramt vor. Während dieser Zeit lebte Er sehr mäßig. Er ließ es zu, dass Sich Ihm allerlei gute und auch schlechte Seelen verstorbener Menschen nahen und ihre Anliegen vorbringen konnten.[6] Gegen das Ende kam auch eine Seele aus der Urzeit zu Ihm. Sie war einst ein böser Herrscher gewesen, ganz ähnlich dem Geist und der Seele des Nebukadnezars, und sprach zum Herrn die bekannten Worte, die im Evangelium aufgezeichnet sind (siehe unten), und stellte sich im Geiste auf die bekannten drei Punkte. Ein solcher böser Geist verdient dann auch nichts Besseres als ein agape satanas ("Hebe dich hinweg, Satan!"), d.h. er braucht in dieser Gestalt nie mehr vor das Angesicht des Herrn kommen.[7]
Jesus konnte durch Teufel versucht werden, weil Er durch die Annahme des Fleisches eine Brücke zwischen der Welt, die voller Teufel ist, und Gott gebaut hat, ohne die kein Mensch der Erde je zur wahren und vollen Seligkeit gelangen könnte. Auf dieser Brücke konnte sich Ihm ein Teufel gleich wie ein Mensch nahen, Ihn versuchen und verfolgen, obwohl ohne Wirkung gegen Seine Macht, sondern nur zur Vermehrung seines eigenen Verderbens.[8]
Erste Versuchung
Als Jesus in der Wüste fastete, um sich von aller Welt vollends abzuwenden und Seinen Leib mit Gott in allem einstimmiger zu machen (Vergeistigung), da lebte Er von Wurzeln und wildem Honig, wobei es Ihn stark nach Brot zu gelüsten anfing. Da trat ein Versucher in der Gestalt eines ernsten weltweisen Magiers (Anm.: Geist oder Seele eines verstorbenen Weltweisen) vor Ihn hin und sagte, Er kenne Ihn als dem Leib nach Gottes Sohn, dem alle Schätze aller Welten und Himmel bereit stünden; er solle sich daher aus den Steinen ein Brot machen und Sich satt essen. Jesus antwortete dem Versucher, Sein Leib sei menschlich, versehen mit den Bedürfnissen eines jeden Menschen dieser Welt, und dass ein Mensch nicht so sehr vom irdischen Brot, sondern vielmehr vom Wort Gottes lebt.Mt 4.1 Lk 4.2 Mk 1.13 Gen 3.1-7 Deut 8.3 Ex 34.28 1Kön 19.8)[9]
Zweite Versuchung
Ein paar Tage nach der ersten Versuchung kam der Versucher wieder zu Jesus, bekannte vor Ihm seinen Hochmut und seine Herrschsucht und gab vor, von Ihm die rechte Demut erlernen zu wollen, weswegen Er mit auf des Tempels höchste Zinne kommen solle. Jesus entsprach diesem Wunsch durch Seine Macht. Dort angekommen, wollte der Versucher, dass Jesus, so Er dem Leib nach wahrhaft Gottes Sohn sei, hinab springen sollte, worauf Gott dann seinen Engeln gebieten würde, Ihn auf den Händen zu tragen, damit Er Sich nicht verletzt. Darauf antwortete Jesus, der Versucher solle sich vor Ihm, Seinem Gott und Herrn, wohl demütigen, aber nicht Er Sich vor ihm durch einen Sprung in die Tiefe, weil dadurch komme der Versucher ewig zu keiner Demut und Besserung. Mt 4.5 Lk 4.9 Psalm 91.11-12 Deut 6.16 [10]
Dritte Versuchung
Wenige Tage nach der zweiten Versuchung erschien der Versucher wieder und begehrte auf einen hohen Berg gehen zu wollen, um dort Demut von Jesus zu lernen und sich zu bessern. Jesus entsprach auch diesem Wunsch. Dort angekommen verlangte der Versucher, Jesus solle sich erst vor ihm demütigen, worauf er ihm dann all die schönen und reichen Ländereien geben würde. Jesus befahl darauf dem Satan, von Ihm zu weichen, denn es steht geschrieben: "Du sollst Gott, deinen Herrn, allein anbeten und Ihm dienen und Ihn nicht versuchen!" Deut 6.13 Darauf wich der Versucher für immer vom Ihm, wonach viele Legionen Engel aus den Himmeln zu Ihm traten und Ihm dienten. Mt 4.8 Mt 16.26 Lk 4.5 [11]
Das eigentliche geistige Geschehen
Der Herr durchdrang mit seinem Geist, der mit Seinem Leib verbunden war, die gesamte unendliche materielle Schöpfung, und überprüfte, wie es am schnellsten und leichtesten gelänge, alle in der Materie gefangenen Geister völlig zu befreien. Ihm zeigten sich in Ihm Selbst drei vollkommene Möglichkeiten:[12]
- Erste Versuchung: Die ganze materielle Schöpfung in einem Moment aufzulösen und den darin gefangenen Geistern eine geschöpfliche Existenz geben. So hätten sie Gott wohl erkennen, aber Ihm dennoch nie völlig ähnlich werden können.[13]
- Zweite Versuchung: Die gefangenen Geister noch auf eine kurze Zeit in der Materie zu belassen und sie dann ohne viele Stufenvorgänge auferstehen zu lassen, sie dann in gewisse Vereine aufzuteilen und so fortbestehen zu lassen. So hätten sie sich, da sie in ihren Vereinen mit größerer Intelligenz begabt sind, leicht von der hohen Zinne ihrer Erkenntnis hinabstürzen können und Gott hätte sie wieder in eine gefestetere Materie gefangen nehmen müssen.[14]
- Dritte Versuchung: Alle gefangenen Geister auf einmal zu erwecken und sie getrennt auf die Stufe der urgeschaffenen großen Geister stellen. Dadurch wären sie aber dem Urhochmut preisgegeben worden, und aus einem verlorenen Sohn wären zahllose Äonen geworden, die viel schwerere die wahre Heimkehr gefunden hätten.[15]
Der Herr berät sich bei großen und wichtigen Schöpfungsangelegenheiten mit Seiner inwendigen Liebe. Dies ist für Ihn eine erhöhte Seligkeit, ebenso wie für alle Ihm ähnlichen höchst weisen Engelsgeister, und auch für einen guten und weisen Menschen der Erde, wenn es um eine wichtige Sache geht. Gott hätte es auf Erden auch so einrichten können, dass die Früchte sofort und nicht allmählich reif werden, aber wo bliebe da die Freude über einen blühenden Baum und heranreifende Früchte?[16]
Falsche Vorstellungen
Die Geschichte von den Versuchungen Jesus als natürliche Begebenheit
In naturmäßiger Hinsicht ist die Erzählung von der Versuchung Jesu reiner Unsinn. Ein Mensch würde unter normalen Umständen schon nach zehn Tagen ohne Speise und Trank sein physisches Leben einbüßen, insbesondere in der Wüste. Zudem kann man in einer Wüste nur sehr schwer etwas zu essen und zu trinken bekommen und müsste stundenlang gehen, um irgendein faules Wasser zu finden. Solches Fasten kann höchstens nur bei Tieren stattfinden, die Winterschlaf halten, nie aber bei Menschen.[17]
Die Versuchungen Jesus durch den Satan dürfen - ebenso wie Sein 40-tägiges Fasten - nicht buchstäblich genommen werden, auch wenn sie im biblischen Matthäus Evangelium (des l'Rabbas) so erzählt sind. Es gibt keinen Grund, weswegen der Herr Versuchungen hätte über sich kommen lassen sollen. Der Satan ist gleich der toten Materie, der Herr von Ewigkeit aus die höchste Liebe und Weisheit, daher gibt es keinen Grund für eine solche wortwörtlich genommene Versuchung. Jesus hätte Sich auch ohne des Satans Rat Brot verschaffen können, genauso wie er später Tausende mit Brot und Wein versorgt hat. Und wäre der Herr wirklich auf einer Zinne des Tempels gestanden, da hätten sich viele gefragt, wie Er da hinaufgekommen sei und was Er dort überhaupt zu suchen habe und man hätte Ihn schwerlich wieder in die Wüste ziehen lassen. Man hätte das von Jerusalem aus notiert und weitererzählt. Und der unbekannte Berg, auf dem Jesus gestanden haben soll, ist deswegen unbekannt, weil der Schreiber des Evangeliums das Innere Galiläas oder Kanaans zu wenig kannte. Es liegt in dieser missverstanden Erzählung wohl etwas, aber nicht im Geringsten materiell.[18] Wer die Erzählung von Fasten und den Versuchungen des Herrn nicht geistig, sondern nach der materiellen Darstellung nimmt, der wird auf der Welt keine Erklärung dafür finden.[19]
Jesus fastete durch die Gottheit in Sich vierzig Tage ohne Speise und Trank
Da Jesus nicht nur purer Mensch war, sondern auch Gott zugleich, hätte die Gottheit in Ihm Seinen Leib vierzig Tage und Nächte ohne Speise und Trank am Leben erhalten können. Wäre aber dies der Fall gewesen, so hätte Er nicht gefastet; denn die natürliche Speise hat auch nur von Gott aus verordnet die Kraft, den menschlichen Leib zu ernähren und zu erhalten. Daher ist es egal, ob jemand mittelbar oder unmittelbar durch die göttliche Kraft und Macht ernährt, erhalten und gekräftigt wird.[20]
Siehe auch
Quellenverweise
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.420220.10
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.420220.12-13
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.420220.14
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.420220.15
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.420220.19
- ↑ Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 1.8.1-2; Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.17; Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640322.37
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640322.3-5
- ↑ Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 9.134.8
- ↑ Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 9.134.11-12
- ↑ Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 9.134.13-16
- ↑ Jakob Lorber, Das Große Evangelium Johannes 9.134.18-23
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.18
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.19
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.20
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.21
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.30-32
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.3-4; Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.10
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.11-16; Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640322.36
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.22-23
- ↑ Jakob Lorber, Himmelsgaben 3.640320.5