Demut

Wasser symbolisiert aus mehreren Gründen die Demut, z.B. weil es Lebensquell ist und stets dem niedrigsten Punkt zuströmt

Die Demut ist die innerste, allerhöchste Kraft, Macht und Gewalt in Gott Selbst. Alles in der Unendlichkeit ist durch die Demut entstanden und aus ihr hervorgegangen.[1] Sie ist das Grundfundament allen Lebens (in Gott),[2] das sich stets mehr und stärker Kondensieren des Lebens in sich selbst. Das Gegenteil davon ist Hochmut.[3]

Symbolisiert wird die Demut durch das Wasser.[4] Auch die Arche Noahs ist ein Sinnbild für eines Menschen rechte Demut, Nächstenliebe und Gottesliebe.[5] Kalb und Lamm sind ebenso Symbole der Demut, wobei das Lamm in sich die größte Demut anzeigt, deren nur der Herr allein fähig ist; das Kalb stellt jene Demut vor, wie die Menschen der Demut fähig sein können.[6]

Wesen

Die Demut lehrt, klein zu sein und sich über niemanden - möchte er auch noch so unbedeutend scheinen - hochmütig zu erheben, sondern sich selbst stets als den Geringsten zu betrachten.[7] Die rechte, vollkommene Demut schließt selbst das schwächste, stillste und bescheidenste Selbstlob aus - weil durch dasselbe die Selbstliebe genährt wird.[8]

In der wahren Demut besteht die höchste Freiheit und Vollkommenheit des Lebens. Die Demut ist das einzige, was der Mensch Gott geben kann, ohne es davor von Ihm empfangen zu haben. Die Demut ist das Eigentum eines jeden Menschen und kann und darf nicht von Gott gegeben werden, sondern nur von Ihm gelehrt und begehrt werden. Durch die Demut kann man sich sogar der unantastbaren Heiligkeit Gottes nahen; sie ist des Menschen höchste Weisheit, höchste Liebe, höchste Kraft alles Lebens, die Macht und die höchste Gewalt, vor der die ganze Unendlichkeit ehrfurchtsvoll erbebt.[9]

Des Menschen größte und erhabenste Verherrlichung ist seine Demut und die aus ihr hervorgehende Verherrlichung des Namen Gottes vor der Welt.[10]

Vertiefung und Anwendung

Durch das Dienen wird die Demut am meisten gefördert. Je untergeordneter oft ein Dienst erscheint, desto tauglicher ist er für die wahre Ausbildung des Lebens.[11]

Demut ist die erste und größte Tugend jeden menschlichen Herzens, aber sie darf ebenso wenig übertrieben werden wie eine andere Regel des Lebens.[12] Sie darf nur so weit gehen, wie es der Herr anordnet, ansonsten kann sie nicht bezwecken, wozu sie gegeben ist.[13]

Jeder soll sich davor hüten, aus Eigennutz der Letzte zu sein, sondern allein darum, damit er den liebevollsten Vater desto mehr in stiller Zurückgezogenheit lieben könnte und desto sehnsüchtiger werde, in die ewige Heimat zurückzukehren, wo der heilige Vater beständig wohnt als Gott aller Macht. (nach Henoch)[14]

Verbreitung

Da man seinem Nächsten nichts geben kann, was man nicht zuvor selbst besitzt, muss man zum Nächsten mit der Demut kommen, um in ihm Demut zu erzeugen.[15]

Wirkung

Wer wahrhaft der Letzte und Geringste sein will, der ist bei Gott der Größte, denn nichts als die wahrhafte Demut macht jemanden wahrhaft groß vor Ihm.[16]

Demut ist die Voraussetzung zur Liebefähigkeit und Hingabe an Gott, dem inneren (ewigen) Leben der Seele.[17] Die rechte Gottesfurcht und des eigenen Herzens tiefste Demut ist jedes aus dem Wasser und Feuer Getauften unerlässlichste Pflicht, ohne die an kein ewiges Leben zu gedenken ist.[18] Vollkommene Demut ist Vorbedingung für die Gaben des inneren Wortes und der wahren Weisheit,[19] denn im Zustand der tiefsten Demut ist der Mensch Gott am nächsten.[20] Nur durch die Demut wird der Mensch erst Mensch und ein wahres Kind Gottes.[21] Alle sind von Gott berufen, aber keiner wird eher zu Ihm gelangen, als bis er selbst in aller Liebe und Demut kommen wird und im Herzen von Gott bekennt, dass Er sein Vater ist.[22] Die vollkommene Demut des Herzens ist die erste Voraussetzung zur Freiwerdung des Geistes.[23] Selbst die größten Engel müssen demütig sein, wenn sie ganz selig sein wollen.[24]

Wer sein Leben durch Selbstverleugnung, Demut und Liebe zu Gott in Gott vereinigt hat, der wird wenig Todesangst verspüren. Wenn das irdisches Lebensschifflein an den trügerischen Weltklippen zerstäuben wird, da wird der Wanderer schmerz- und sorglos sagen: "Ich bin mit meiner Habe im trockenen!" Wer sich schon auf Erden bemüht, sein Leben in Gott zu vereinen, dem wird der Leibestod vorkommen wie eine große aufgehende Sonne dem nächtlichen Wanderer an einem Meeresgestade, das voller Klippen und Abgründe ist.[25]

Falsche Demut

Kriecherische Demut

Dantes Inferno: Kriecher krabbeln in Exkrementen

Selbst vor Gott ist eine die Menschenseele zu dumm erniedrigende Demut eine Torheit und umso mehr eine zu große Demütigung eines Menschen vor wieder nur einem Menschen. Kriecherische Demutsäußerungen eines Menschen vor einem anderen Menschen machen beide schlecht: den ersten, weil er solch eine Demut nur heuchelt und dadurch seinen Nebenmenschen noch hochmütiger zeiht, den zweiten, weil er dadurch im Ernst noch hochmütiger wird. Die wahre und rechte Demut, die aus der reinen Liebe hervorgeht, achtet und liebt im Nebenmenschen einen Bruder als Bruder, macht aber weder sich selbst noch den Nächsten zu einem Gott, vor dem man auf die Knie fallen und ihn anbeten soll. Was man irgend möchte, das soll man als Mensch vom Menschen und als Bruder vom Bruder verlangen. Nie soll ein Mensch vor dem andern im Staub kriechen! Was Gott von keinem Menschen verlangt, das soll um so weniger ein Mensch von seinem Nebenmenschen verlangen. Dies ist eine rechte Weisheit in der vollsten Ordnung Gottes. Wer danach tut, der wird vor Gott und den Menschen angenehm sein.[26]

siehe auch Ehrerbietung

Demut aus Angst

Eine Demut, die jemanden vor Gott mutlos macht, wodurch man sich vor Seinen Ohren und Augen fürchtet, gefällt Gott nicht. Gott hat das größte Gefallen an einem Verhalten, das dem der kleinen Kinder gleicht, die keine Angst vor ihren Eltern haben, sondern stets voll guten Muts sind.[27]

Demut aus Selbstliebe

Wahrhaft demütig sein bedeutet, dies entsprechend dem Willen Gottes zu sein und nicht nach seinem eigenen Gutdünken, indem man sich z.B. weigert, ein angesehenes Amt zu bekleiden, trotzdem solches der Wille Gottes ist. Solche falsche Demut ist ein Kind der Selbstliebe, hinter der Eigenlob und ein verkappter Hochmut steckt, daher taugt sie zu nichts und hat keinen Wert vor Gott. Es ist besser, nach dem Willen des Herrn ein Lump zu sein, als ein Held hinter dem Rücken des Herrn. Es ist auch besser, ein Sünder zu sein aus eigenem reuigen Verschulden, als ein Gerechter auf eigene Rechnung. Besser, sich seiner eigenen Nichtigkeit und Nichtswürdigkeit allzeit gewärtig fühlen, als von seiner Tadellosigkeit überzeugt sein. Der Herr sucht nur das Verlorene, stärkt das Schwache und heilt die Krankheit aus Seiner Erbarmung; aber ein Schuldner will Er ewig niemandem sein! (nach einem der zehn Feuerboten)[28]

Hochmut als Demut getarnt

Der verkappte Hochmut besteht darin, die rechte Demut in sich selbst zu einer Vorzüglichkeit seiner selbst hinzustellen, um dennoch in einer gewissen Hinsicht als Einziger und Unübertrefflicher dazustehen, dem in dieser Sphäre niemand gleicht. Es ist ganz recht, der Letzte sein zu wollen aus wahrer Liebe und Demut, aber wenn dies aus verkapptem Hochmut geschieht, dann ist es letztlich derselbe Hochmut, ob einer unter allen Menschen der Letzte und Niedrigste oder der Erste und Höchste sein will. (nach Raphael)[29]